18 Tote Häftlinge in Massengrab 18 Tote Häftlinge in Massengrab: Hoymer gruben Leichen mit bloßen Händen aus
Dietrich Genau erzählt im Buch „Kinder des Krieges“ die Geschichte vom Todesmarsch, auf den die noch lauffähigen Gefangenen der KZ-Außenstelle Langenstein-Zwieberge kurz vor der Befreiung des Lagers geschickt wurden. Und der auch durch Hoym, Genaus Heimatstadt führte. Damals war der heute 80-Jährige gerade mal acht.
Der Hoymer spricht von einem grausigen Schauspiel, dass sich ihm und seinen Freunden bot. Zwei Kolonnen abgemagerter Häftlinge - jeweils 300 bis 400 Menschen - schleppten sich in ihren Holzpantoffeln die Straße entlang. „Es war wie ein Rauschen“, kann er sich noch ganz genau an dieses ungewöhnliche Geräusch erinnern.
Kolonnen abgemagerter Häftlinge schleppten sich durch Hoym
Die entkräfteten Menschen, die ihre gestreiften Häftlingsanzüge trugen, wurden angetrieben, durch brutale Schläge der Aufseher. Als einer der Gefangenen einen Apfelknust aus der Gosse aufklauben wollte, wurde er niedergeschlagen und musste von den anderen Häftlingen auf einen Ackerwagen gezerrt werden, vor den die Gefangenen wie Tiere eingespannt waren. Genaus Großeltern, die an dieser Straße einen Laden hatten, seine Mutter und sein Onkel sahen dieses Grauen entsetzt mit an.
Als die Amerikaner kurz danach Hoym einnahmen, wurde auf einem Acker an der Schmidtschen Scheune Richtung Ballenstedt ein Massengrab entdeckt. 18 ermordete Häftlinge. Vermutlich die, die auf dem Leiterwagen gelegen hatten. Die Amerikaner waren über diesen Fund so entsetzt, dass sie jeden dritten Hoymer erschießen wollten. Doch sie besannen sich anders.
Amerikaner entdeckten Massengrab auf Acker an Scheune
Jeder Bewohner der Stadt - egal, ob erwachsen oder Kind - musste sich am Massengrab einfinden. Dort waren Maschinengewehre aufgebaut, Panzer säumten die Straße. Die Soldaten suchten willkürlich Leute aus, die die Leichen mit bloßen Händen wieder ausgraben mussten. Auch Genaus Großvater war dabei.
Die bereits verwesenden Toten waren ein schrecklicher Anblick. Sie wurden dann würdig auf dem Friedhof begraben. Heute versteht Dietrich Genau dieses drastische Verhalten der Amerikaner. „Es waren unschuldige Menschen, die da gequält und umgebracht wurden“, denkt der 80-Jährige noch immer an die geschundenen Körper der KZ-Häftlinge.
Das Buch „Kinder des Krieges“ soll demnächst auch im Schloss Hoym vorgestellt werden. Vielleicht werden da auch einige der Mitwirkenden dabei sein, hofft Dietrich Genau, der die Buch-Präsentation in Magdeburg als sehr berührend empfand. Und der nicht will, dass solche Zeitzeugenberichte vergessen werden. (mz)