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Sachsen Sachsen: Drei-Länder-JVA in Chemnitz wird erweitert

Von Jörg Schurig 03.05.2010, 16:51
Ein leerer Haftraum des Fraungefängnisses der JVA Halle. (FOTO: DDP)
Ein leerer Haftraum des Fraungefängnisses der JVA Halle. (FOTO: DDP) ddp

Chemnitz/dpa. - «Ich gehe dann erstmal zuMcDonalds», sagt Stefanie. So toll sei das Essen im Gefängnis nicht.Ansonsten scheint sie zufrieden. Die Beamten seien nett. Ihre Freundeweiß sie in der gleichen Stadt, sie können schneller mal kommen.

Für das Gros der reichlich 200 Frauen in der JVA Chemnitz ist dasanders. 2008 hatten Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen vereinbart,alle ihre weiblichen Häftlinge an einem Ort zu konzentrieren. WährendFrauen aus den beiden Freistaaten schon längere Zeit zusammen«sitzen», sind die aus Sachsen-Anhalt erst seit einem halben Jahrdabei. Dem längeren Anfahrtsweg nach Chemnitz stellt die am Montagaus Magdeburg angereiste Justizministerin Angela Kolb (SPD) Vorteilegegenüber. Man brauche nun mal eine bestimmte Anzahl von Gefangenen,um sie differenziert unterzubringen und ihnen Angebote zu machen.

«Ich habe mich mit zwei Frauen unterhalten. Sie möchten nichtwieder zurück», berichtet Kolb. Gemeinsam mit ihrem sächsischenKollegen Jürgen Martens (FDP) und Thüringens Justizminister HolgerPoppenhäger (SPD) ist sie in Chemnitz, um das länderübergreifendeGefängnis kennenzulernen und über dessen Zukunft zu reden. Denn dieJVA soll größer werden und ab 2014 dann 410 Haftplätze statt derderzeit 240 bieten. Thüringen und Sachsen planen zudem einen Männer-Knast im Grenzgebiet beider Länder. Dafür hätten schon einige StädteInteresse angemeldet, hieß es. Einen Zeitplan gibt es indes nochnicht.

Während die Chemnitzer JVA für Minister Martens das «größtefunktionierende Beispiel einer Zusammenarbeit der mitteldeutschenBundesländer» ist, bleibt er für die Insassen «Freiheitsentzug». Werdie Zeit hier nutzt, kann sich aber für das spätere Leben in Freiheitgut rüsten. Das Angebot reicht von Haupt- und Realschulkursen undberuflicher Ausbildung über Schuldnerberatung und sozialesKompetenztraining bis hin zu Kunsttherapie, Sport, Yoga, Strickkursoder Theater. 80 Prozent der Frauen sind zudem in gefängniseigenenWerkstätten wie der Näherei beschäftigt.

Das neueste Angebot heißt etwas sperrig «tiergestützte Maßnahme».Hier arbeiten die «Underdogs» mit Hunden. Es geht um Kompetenzen wieAusdauer, Einhalten von Regeln oder Selbstwertgefühl. «Sie müssendabei auch auf Körpersignale der Hunde achten. Gerade Gewalttäterhaben oft ein Problem, Kommunikationssignale richtig zu deuten», weißder Psychologe Tobias Berndt. Außerdem helfen Gefangene bei derAusbildung von Blindenhunden. Sie bringen ihnen einfache Kommandosbei und erhalten dabei zugleich eine Lehrstunde in eigener Sache - sodie Einsicht, dass autoritäres Auftreten allein kaum effektiv ist.

«Wir möchten den Willen zur Mitwirkung stärken», sagt JVA-LeiterFrank Wigger und spricht von einem differenzierten Strafvollzug.Frauen mit langen Haftstrafen werden von denen mit kurzen getrennt,Ersttäterinnen von erfahrenen «Knastis», Jugendliche von Älteren.Perspektivisch soll es einen Raum für Langzeitbesuche geben, dieberühmte Liebeszelle. Eine Mutter-Kind-Station ist auch für den«geschlossenen Vollzug» geplant. Dort dominiert die Modefarbe grün ineinem grellen Ton. Nach Angaben von Wigger findet das keineeinhellige Zustimmung. Dabei steht grün für Hoffnung.