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Agrar Zerfressene Pflanzen: Floh macht Landwirten zu schaffen

Viele der kleinen Rapspflanzen in Sachsen-Anhalt sind durchlöchert. Schuld ist der Rapserdfloh. Landwirte wünschen sich wirksamere Mittel gegen den Schädling. Umweltschützer sehen einen Einsatz der Stoffe kritisch.

Von dpa Aktualisiert: 06.10.2021, 22:57

Magdeburg/Bernburg - Die Bauern in Sachsen-Anhalt haben in diesem Jahr besonders mit dem Rapserdfloh zu kämpfen. Aus zahlreichen Regionen des Landes hätten Landwirte einen starken Befall durch den Schädling gemeldet, sagte Erik Hecht, Sprecher des Landesbauernverbands, der Deutschen Presse-Agentur. Der Punkt sei vielerorts erreicht, an dem eine Bekämpfung erforderlich sei. Raps wird üblicherweise Ende August ausgesät.

Das Problem hat auch Landwirt Björn Küstermann aus dem Saalekreis. Die Löcher, die der Schädling in seine noch jungen Rapspflanzen gefressen hat, haben einen Großteil der Blätter vernichtet. Später schädigen deren Larven die Pflanzen. Das führe unter Umständen zu einem Totalbefall und damit einem Totalausfall, so Küstermann.

Die Landesanstalt für Landwirtschaft und Gartenbau (LLG) rät dazu, die Ausbreitung des Käfers genau zu beobachten und nicht zu früh zu handeln. Erst ab einer gewissen Blattfläche, die abgefressen sei, oder später ab einer bestimmten Stärke des Schädlingszuflugs, werde zum Einsatz von Insektiziden der Gruppe der Pyrethroide geraten, sagte Christian Wolff, der bei der LLG für Pflanzenschutz zuständig ist. Das seien aber reine Kontaktmittel, mit denen der Käfer beziehungsweise die Larve getroffen werden müssten und die nur wenige Tage wirkten. Deshalb sei besonders in diesem Jahr auf vielen Flächen ein mehrmaliger Einsatz notwendig gewesen.

Vor einiger Zeit wurde die Behandlung des Rapssaatgutes mit Pflanzenschutzmitteln, die sogenannte Beizung, mit neonikotinoiden Insektiziden verboten. 2013 waren die Stoffe für blühende Pflanzen und damit auch für Raps von der EU verboten worden. Im Mai 2018 wurde der Einsatz der meisten Neonikotinoide im Freiland untersagt. Sie gelten als schädlich für Bienen.

Gegen einen starken Rapserdflohbefall hinreichend wirkungsvolle Alternativen gibt es nach Angaben der LLG bei den Beizen derzeit nicht. Die Landwirte wünschen sich daher neue Mittel, die auf dem Markt zugelassen werden.

In anderen EU-Ländern gebe es immer wieder Notfallzulassungen für die verbotenen Beizen, sagte Landwirt Küstermann. Mit ihnen könnten die Bauern das behandelte Saatgut weiter verwenden, was ihnen einen Marktvorteil verschaffe. Eine solche Notfallzulassung in Deutschland hält LLG-Vertreter Wolff für schwierig. „Wir können nicht sicher vorhersagen, ob ein ähnlich starker Schaden wie in diesem Jahr auch nächstes Jahr wieder eintritt.“ Das hänge von vielen Faktoren ab, auch von der Witterung.

Umweltschützer sehen die Gefahr, dass es nicht bei einer einzelnen Notfallzulassung bleiben würde. „Die Frage ist: Was ist der Notfall?“, sagte Katrin Wenz vom Bund für Umwelt und Naturschutz. Sie ist der Meinung, dass es ein neues Anbausystem geben muss, etwa in dem Schützlinge, also die natürlichen Fressfeinde der Schädlinge, kultiviert werden und verstärkt auf Maßnahmen wie eine weite Fruchtfolge oder Bodenbearbeitung gesetzt wird.