Waffenprofi mit Privatdepot Waffenprofi mit Privatdepot: Rechtsextremist arbeitete für Kampfmittelräumdienst

Magdeburg - Dieser massive Kriegswaffenfund beunruhigte Polizisten und Sicherheitsexperten über Sachsen-Anhalt hinaus: Als Spezialeinheiten im November eine Wohnung in Magdeburg stürmten, fanden sie Granaten, Minen, Panzerfäuste - sogar Teile einer russischen Lenkrakete.
Fast acht Stunden lang trugen Spezialisten kistenweise Weltkriegswaffen aus der Wohnung. Mittlerweile ist nicht nur bekannt, dass der beschuldigte Waffensammler unter akutem Rechtsextremismus-Verdacht steht - er arbeitete nach MZ-Recherchen auch bei einem privaten Kampfmittelräumdienst in Sachsen-Anhalt.
Mehr denn je steht damit der Verdacht im Raum, dass sich der 33-jährige Waffenexperte im großen Stil über seine Arbeitgeber mit Weltkriegswaffen eindecken konnte. Und das womöglich unbehelligt über einen langen Zeitraum hinweg.
Bisher war lediglich bekannt, dass der Verdächtige aus dem Magdeburger Stadtteil Cracau für einen privaten Kampfmittelräumdienst in Niedersachsen gearbeitet haben soll. Nun also auch Sachsen-Anhalt, das macht den Fall noch brisanter für Sicherheitsexperten im Land. Die Staatsanwaltschaft Magdeburg ermittelt gegen den Mann nicht nur wegen Verstößen gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz, sondern auch wegen Diebstahls.
Die Spuren des Krieges
Dazu muss man wissen: Ein großer Teil der Kampfmittelbeseitigung wird in Deutschland über Privatfirmen abgewickelt - etwa dann, wenn Bauland von Granaten, Minen und Weltkriegsmunition befreit werden soll.
Es gibt Wälder in Sachsen-Anhalt, die in hohem Maße kampfmittelbelastet sind, etwa im Harz. Auch während des Deichbaus in Fischbeck entlang der Elbe (Landkreis Stendal) mussten Sprengstoffexperten vor Jahren massenweise zurückgelassene Weltkriegswaffen aus dem Boden bergen.
Der Verdächtige aus Magdeburg soll nach MZ-Recherchen nicht über die nötige Erlaubnis für den Umgang mit Weltkriegswaffen verfügt haben. Zudem soll er vorbestraft sein. Bei der Razzia seien eindeutige Hinweise auf eine rechtsextreme Gesinnung gefunden worden. Die Behörden äußern sich zu all dem nicht.
Polizei und Staatsanwaltschaft verweisen lediglich darauf, dass aktuell Ermittlungen laufen. Indes wurde jetzt auch bekannt: Der entscheidende Tipp an die Polizei, der letztlich zur Razzia führte, soll auf eine Anzeige gegen den Verdächtigen zurückgehen. „Das ist im Grunde das einzig Beruhigende an dem Fall“, sagt einer, der die Ermittlungen kennt.
Fall für Abgeordnete
Die neuen Details zur Vita des Verdächtigen machen Polizisten im Land stutzig. „Grundsätzlich werden die Leute bei Kampfmittelräumdiensten intensiv durchgecheckt“, sagt Uwe Bachmann, Landeschef der Gewerkschaft der Polizei. „Normalerweise dürfte es nicht passieren, dass da jemand mit Vorstrafen arbeitet. Da wäre für mich die Frage:
Wie kommt das zustande, wo hat das System versagt?“ Andere Experten, die den Fall kennen, zeigen sich regelrecht schockiert darüber, dass der Verdächtige offenbar so leichten Zugang zu Weltkriegswaffen hatte: „Eigentlich wird in Deutschland jeder DHL- und jeder Sicherheitsmann haarklein durchleuchtet.“
In dem Magdeburger Fall prüfte das Landeskriminalamt (LKA) bis zuletzt, wie gefährlich die sichergestellten Waffen tatsächlich sind. Die Polizei spricht von insgesamt 160 Einzelfundstücken, wobei es sich nicht ausschließlich um Kampfutensilien handelt. Experten sägten zuletzt einige der Kriegswaffen auf, um deren Inhalt zu überprüfen.
Die Untersuchungen - auch zur Herkunft der Waffen - werde wohl „noch Monate“ dauern, hieß es Mitte Dezember von der Staatsanwaltschaft. Zwar fand das LKA zunächst „keine schussfähigen Waffen“ in der Wohnung. Allerdings gelten Weltkriegswaffen und Munition, die jahrzehntelang unentdeckt im Boden lag, als extrem gefährlich. Beginnt sie zu rosten, steigt die Gefahr der unkontrollierten Detonation enorm.
Nachdem die MZ über den Rechtsextremismus-Verdacht gegen den Mann berichtet hatte, befassten sich mittlerweile auch Landtagsabgeordnete mit dem Fall: Die Parlamentarische Kontrollkommission, die den Verfassungsschutz kontrolliert, nahm sich bereits der Sache an. (mz)
