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Posten-Wunder im Landtag Teure Pläne: Fraktionen beraten über zusätzliche Vizepräsidenten

Mit zwei Vizepräsidenten kam das Parlament bislang aus. Jetzt gibt es Pläne, gleich sechs Stellvertreter zu berufen - das würde aber teuer werden.

Von Hagen Eichler Aktualisiert: 15.06.2021, 20:50
Landtagspräsidentin Gabriele Brakebusch - hier in der letzten Sitzung vor der Wahl - hatte nur zwei Stellvertreter. Braucht es vier weitere?
Landtagspräsidentin Gabriele Brakebusch - hier in der letzten Sitzung vor der Wahl - hatte nur zwei Stellvertreter. Braucht es vier weitere? (Foto: dpa)

Magdeburg - Vertreter der sechs Fraktionen im neugewählten Landtag beraten an diesem Mittwoch über einen Vorschlag, die Zahl der Spitzenposten im Landtag deutlich auszuweiten. Aus den bislang zwei Vizepräsidentenpositionen könnten sechs werden. Nach diesem Modell bekämen alle Fraktionen das Vorschlagsrecht für jeweils einen Stellvertreter.

Vorgelegt hat den Vorschlag Torsten Gruß, der Chef der Parlamentsverwaltung. Das nicht für die Öffentlichkeit gedachte Papier ist auf den 11. Juni datiert. Als Alternative zur Vergrößerung des Präsidiums nennt Gruß das Festhalten an der bisherigen Regelung mit zwei Vizeposten.

Magdeburger Landtag: Gehen die kleinen Fraktionen leer aus?

Nach dem im Landtag verwendeten Verteilungsverfahren würden die Vize-Posten in diesem Fall an die beiden größten Fraktionen CDU und AfD gehen. Die vier kleineren Fraktionen Linke, SPD, FDP und Grüne gingen also leer aus, während die CDU gleich zwei Personen im Präsidium hätte: den Präsidenten und einen Vizepräsidenten.
Bislang stand Gabriele Brakebusch an der Spitze des Landtags. Die 67-Jährige hat nicht erneut kandidiert und scheidet nun aus. Der bisherige Kulturstaatssekretär Gunnar Schellenberger (CDU) gilt als interessiert, die Nachfolge zu übernehmen.

Die Vize-Posten sind bei den Fraktionen beliebt, um eigenen Mitstreitern den Verzicht auf andere Ämter schmackhaft zu machen oder sich zu bedanken. Im Anschluss an die Wahl 2016 etwa wechselte der langjährige Linken-Fraktionschef Wulf Gallert nach mehreren vergeblichen Versuchen, Ministerpräsident zu werden, auf den Posten des Brakebusch-Vertreters und machte so den Platz an der Fraktionsspitze frei.

Finanziell sind die Ämter an der Spitze des Parlaments lukrativ. Die Landtagspräsidentin hat Anspruch auf eine verdoppelte Grundentschädigung, also auf 14.500 Euro. Vizepräsidenten bekommen eine halbe Diät als Aufschlag, also eine Grundentschädigung von 10.900 Euro. Vier zusätzliche Vizepräsidenten kosten den Steuerzahler in der fünfjährigen Legislaturperiode rund 870.000 Euro. Hinzu kommen erhebliche Mehrkosten für die höhere Altersversorgung.

Eigenständige Aufgaben sieht das Gesetz für die Vizepräsidenten nicht vor. Sie fungieren lediglich als Vertreter, etwa bei der Sitzungsleitung oder bei Repräsentationsterminen. Gleichwohl haben sie ein herausgehobenes Büro samt Vorzimmer.
Wie viele Vizepräsidenten der neue Landtag bekommt, handeln die Parlamentarischen Geschäftsführer der Fraktionen aus. An diesem Mittwoch treffen sie sich erstmals zum sogenannten Vor-Ältestenrat.

Die CDU kann entspannt in die Beratungen gehen, weil sie nach beiden vorgeschlagenen Varianten Anspruch auf zwei Posten hat. Bei der AfD gilt das Gleiche für einen Stellvertreterposten. Schwieriger ist die Lage für die kleinen Parteien. Auf einen Vizepräsidenten können sie nur dann hoffen, wenn die Zahl der Posten vergrößert wird - oder wenn die CDU einen Vize-Posten abtritt.

Bislang sah die Landesverfassung in Artikel 49 vor, dass der Landtag neben einem Präsidenten zwei Vizepräsidenten wählt. Diese Vorgabe wurde jedoch im Februar 2020 gekippt. Jeder neugewählte Landtag kann und muss die Größe des Präsidiums selbst aushandeln. Die AfD-Fraktion lehnt eine Aufstockung ab. „Ich kann nicht erkennen, dass es für vier weitere Vizepräsidenten Bedarf gibt“, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer Tobias Rausch. Seine Fraktion stellt den Staßfurter Matthias Büttner   als Kandidaten für einen Vizepräsidentenposten auf.

Heikel ist die Wahl des Präsidiums auch aus inhaltlichen Gründen. Selbst wenn eine Fraktion wegen ihrer Größe das Vorschlagsrecht für einen Posten hat, kann der Landtag den konkreten Kandidaten dennoch ablehnen.

Kandidat könnte durchfallen

2016 etwa wurde der AfD-Abgeordnete Willi Mittelstädt zwar als Vizepräsident gewählt. Allerdings erhielt er auch 32 Nein-Stimmen, obwohl der damals 69-Jährige weitgehend unbekannt und unbescholten war. Da der AfD-Landesverband mittlerweile als rechtsextremer Verdachtsfall vom Verfassungsschutz beobachtet wird, könnte die Abneigung der anderen Parteien nun noch größer ausfallen. (mz)