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Steuerverschwendung in Sachsen-Anhalt Digital-Debakel bei der Polizei: Abhörzentrum  verschlingt Millionen Euro

Das gemeinsame Abhörzentrum von fünf Bundesländern – darunter Sachsen-Anhalt – sollte ab 2024 Millionen sparen. Stattdessen häufen sich Pannen, Verzögerungen und Personalkosten. Dabei läuft die Polizei-Software bis heute nicht. Am Ende bleiben die Kosten beim Steuerzahler.

Von Florian Zellmer Aktualisiert: 12.11.2025, 16:01
Die geplante Inbetriebnahme des Polizeizentrums im April 2024 ist längst gescheitert. Dabei sollte es Millionen Euro einsparen.
Die geplante Inbetriebnahme des Polizeizentrums im April 2024 ist längst gescheitert. Dabei sollte es Millionen Euro einsparen. Foto: picture alliance/dpa | Bernd Weißbrod

Magdeburg/Halle (Saale)/DUR. – Die ursprünglichen Berechnungen klangen vielversprechend. Zwischen 2020 und 2026 sollte das für Sachsen-Anhalt, Sachsen, Thüringen, Brandenburg und Berlin zuständige Gemeinsame Kompetenz- und Dienstleistungszentrum (GKDZ) der Polizei laut Wirtschaftlichkeitsanalyse einmalig rund 32,7 Millionen Euro und zusätzlich jährlich etwa 7 Millionen Euro einsparen.

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Doch die geplante Inbetriebnahme im April 2024 ist längst gescheitert. Der Grund: Die benötigte Software funktioniert bis heute nicht. Nun rechnet man mit einem Betriebsstart frühestens 2027 – ganze drei Jahre später als geplant. Sachsen-Anhalts Innenministerin, Tamara Zieschang (CDU), hält die Verzögerungen für "nicht zufriedenstellend".

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Polizeiabhörzentrum der Bundesländer kostet Sachsen-Anhalt Millionen Euro

Für Sachsen-Anhalt ist das laut dem Bund der Steuerzahler ärgerlich: Das Land beteilige sich seit 2018 an der Finanzierung und trage damit seinen Anteil an einer teuren Verzögerung. Obwohl das System noch nicht arbeite, liefen die Personalkosten längst auf Hochtouren.

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Der Verein deckt auf, dass von den geplanten rund 40 Beschäftigten bereits 23 im Einsatz sind, was allein 2024 rund 1,8 Millionen Euro gekostet habe. Insgesamt seien seit 2018 über sechs Millionen Euro an Personalkosten entstanden – ohne dass das System einsatzbereit ist.

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Zwar habe der Software-Dienstleister wegen der massiven Verzögerungen Schadensersatz in Höhe von 13 Millionen Euro gezahlt, doch diese Summe verblasse angesichts der entgangenen Einsparungen. Pikant ist, dass das GKDZ trotz der Probleme weiter mit dem gleichen Unternehmen zusammenarbeite.

Bund der Steuerzahler: Digitalisierung ohne klare Steuerung und Fehler bei der Projektvergabe

Das Innenministerium Sachsen-Anhalt verweist auf "Projektverzögerungen des Software-Lieferanten", doch der Bund der Steuerzahler sieht tieferliegende Ursachen: von Fehlern bei der Auftragsvergabe über mangelnde Projektsteuerung bis hin zu organisatorischem Versagen in den beteiligten Verwaltungen.

Statt einer effizienten Hightech-Zentrale bleibe das GKDZ nach Ansicht des Bundes der Steuerzahler ein Paradebeispiel dafür, wie gut gemeinte Digitalisierungsprojekte ohne klare Steuerung zum Millionenproblem werden.

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Die versprochenen Einsparungen seien bis heute nicht realisiert und für die Steuerzahler in Sachsen-Anhalt bleibe vorerst nur eines: die Rechnung zu zahlen.

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Schwarzbuch der Steuerzahler sammelt viele Fälle von Steuergeldverschwendung

Das Schwarzbuch der Steuerzahler hat ein klares Ziel: Es will aufzeigen, wo öffentliche Gelder fehlgeleitet, verschwendet oder ineffizient eingesetzt werden. Jahr für Jahr sammelt der Verband bundesweit Beispiele, in denen Kommunen, Länder oder der Bund Steuermittel aus seiner Sicht unnötig oder unsinnig verwendet haben.

Das Schwarzbuch versteht sich dabei nicht nur als Kritik, sondern auch als Mahnung zu mehr Transparenz, Wirtschaftlichkeit und Verantwortungsbewusstsein im Umgang mit Steuergeld. Es soll Politik und Verwaltung zum Umdenken bewegen – und den Bürgerinnen und Bürgern vor Augen führen, wo ihr Geld tatsächlich landet, so auch im Fall des länderübergreifenden Polizei-Abhörzentrums.