1. MZ.de
  2. >
  3. Mitteldeutschland
  4. >
  5. Sachsen-Anhalt
  6. >
  7. Kommentar: Reformerfolg? - Prostitution bleibt ein Gewerbe im Schatten

Kommentar Reformerfolg? - Prostitution bleibt ein Gewerbe im Schatten

Trotz Reform entzieht sich die Prostitution der staatlichen Kontrolle. Es braucht frische Ideen.

Von Max Hunger Aktualisiert: 21.04.2024, 13:53
Kommentar Max Hunger
Kommentar Max Hunger Foto: MZ / Stedtler

Halle/MZ. - Es klingt nach einer überraschenden Wende: Innerhalb weniger Jahre hat sich die zuvor stagnierende Zahl der gemeldeten Prostituierten in Sachsen-Anhalt verzehnfacht. Das ist ein Erfolg für den Staat. Schließlich profitieren so mehr Sexarbeiterinnen von Beratungen und Sozialleistungen, die ihnen laut Gesetz zustehen. Allerdings verdichten sich gleichzeitig Hinweise auf einen florierenden Sex-Schwarzmarkt. Um die Branche komplett aus dem Schatten zu holen, braucht es daher frische Ansätze.

Denn allein wie viele Prostituierte in Sachsen-Anhalt tatsächlich arbeiten, lässt sich nach wie vor nicht beziffern. Branchenkenner gehen von einer mindestens vierstelligen Zahl an Frauen aus, die regelmäßig hier ihre Dienste anbieten. Das Ziel muss es sein, sie alle aus der Illegalität zu locken. Nur so lassen sich Menschenhandel, Übergriffe, Preisverfall und schlechte Arbeitsbedingungen in den Griff kriegen.

Doch die gut gemeinten Gesetze gehen mitunter an der Lebenswelt der Frauen vorbei. Beispiel: Eine junge Tschechin tut sich vermutlich schwer, dem Beamten einer Kreisverwaltung zu erklären, wo und wie sie Sex gegen Geld anbieten will. Häufig hapert es dabei an der Sprache – oft aber auch am Vertrauen. Und das Übernachtungsverbot in Bordellen soll die Work-Life-Balance sicherstellen, macht reisenden Sexarbeiterinnen das Leben aber unnötig schwer. Die Behörden sollten daher Angebote auf Augenhöhe machen.

Den Autor erreichen Sie unter: [email protected]

Denkbar wäre etwa eine zentrale Landesstelle mit Mitarbeiterinnen, die Sprach- und Branchenkenntnis mitbringen. Klar, das wäre eine Extrawurst, die anderen Berufsständen nicht zu Teil wird. Die Corona-Jahre haben jedoch gezeigt: Mit Vorgaben und Verboten allein lässt sich illegale Prostitution nicht eindämmen. Denn es ist ein Gewerbe mit speziellen Ansprüchen. Prostitution braucht Diskretion ebenso wie staatliche Kontrolle. Die käme am Ende auch den Frauen zu Gute.