Öffentlicher Dienst Öffentlicher Dienst: Gehaltsplus für Angestellte macht den Städten Sorgen

Magdeburg - Angestellten im öffentlichen Dienst im Bund und in den Kommunen winkt nach dem Tarifabschluss in der Nacht zu Mittwoch deutlich mehr Geld - doch Städte und Gemeinden fürchten nun, die Extra-Belastung nicht stemmen zu können.
„Aus dem Verhandlungsergebnis ergeben sich höhere Personalkosten, als die Kommunen für die nächsten Jahre eingeplant haben“, sagte Jürgen Leindecker, Geschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes Sachsen-Anhalt. Dies treffe jene Kommunen hart, in denen Sparmaßnahmen laufen. Laut Leindecker sind das zwischen 40 und 50 Prozent der Städte und Gemeinden im Land. „Wir befürchten, dass sie stärker in Schieflage geraten.“
Tarifverhandlungen: Öffentlicher Dienst bekommt 7,3 Prozent mehr
Hintergrund ist das beste Verhandlungsergebnis seit 2008 für den öffentlichen Dienst: 2,3 Millionen Beschäftigte in den Kommunen und beim Bund bekommen bis 2020 im Schnitt mehr als 7,3 Prozent mehr Geld. Die Erhöhung erfolgt in drei Stufen, der Vertrag gilt rückwirkend ab März.
Für untere Einkommen gibt es eine Einmalzahlung in Höhe von 250 Euro. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) kündigte an, das Ergebnis solle auch auf Beamte übertragen werden.
Tarifabschluss: 200 Millionen Euro Mehrkosten für Sachsen-Anhalt
Was Verdi-Chef Frank Bsirske jubeln ließ („Das beste Ergebnis seit vielen Jahren“), lässt öffentliche Arbeitgeber grübeln. Allein die Kommunen zahlen im neuen Tarif bundesweit 7,5 Milliarden Euro zusätzlich, der Bund 2,2 Milliarden. In Sachsen-Anhalt könnten sich die Extrakosten bis 2020 auf 200 Millionen Euro belaufen, schätzt der Landkreistag.
Ein Beispiel: Die Stadt Halle rechnet allein 2018 mit zusätzlichen Personalkosten von 1,4 Millionen Euro. Lothar Theel, Geschäftsführer des Landkreistags, gab zu bedenken: „Die wirtschaftliche Lage im Land ist nicht so stark wie in anderen Teilen Deutschlands.“ Die Zusatzkosten gingen über die Schmerzgrenze.
Tarifabschluss im Öffentlichen Dienst - gespaltenes Echo
Das Echo der Landespolitiker auf den Tarifabschluss ist gespalten. CDU-Fraktionschef Siegfried Borgwardt zeigte sich überrascht: „Es ist ein Ergebnis, das dem Finanzminister Kopfschmerzen bereiten wird.“
Der Angesprochene, André Schröder (CDU), sprach von einer „großen Herausforderung“ für die Kommunen. Klar scheint: Bei den Verhandlungen um den Landeshaushalt 2019 wird es wohl auch um die Frage gehen, ob das Land dafür Geld zurücklegen muss.
SPD-Fraktionschefin Katja Pähle sagte am Mittwoch zum Tarifabschluss: „Ich kann es nicht schlecht finden, wenn unsere Erzieherinnen dadurch besser verdienen und wenn es dazu führt, dass mehr junge Menschen diese Jobs ergreifen.“
Linke-Fraktionschef: „Wir ersaufen im Geld“
Oppositionspolitiker und Linken-Fraktionschef Thomas Lippmann begrüßte die steigenden Zahlungen ausdrücklich: „Wir hatten über viele Jahre einen Reallohn-Verlust im öffentlichen Dienst. Was jetzt passiert, sind Nachholprozesse.“ Es liege genug Vermögen in den Kassen. „Wir ersaufen im Geld, es ist genug zu holen“, so Lippmann.
Kritische Stimmen kommen aus Sachsen-Anhalts Wirtschaft. Lothar Dieringer, Kreishandwerksmeister für Halle und den Saalekreis, monierte eine unfaire Konkurrenzsituation im Wettbewerb um Nachwuchs. „Da kann das Handwerk aufgrund seiner Struktur nicht mithalten – vor allem was die Vergütung bei den Auszubildenden betrifft.“
Jan Pasemann, Sprecher der Arbeitgeber- und Wirtschaftsverbände, sagte, der neue Abschluss werde kaum akute Probleme wie den Fachkräftemangel im IT-Bereich lösen. „Dort fällt es den privaten Unternehmen wie der öffentlichen Hand schwer, Personal zu finden.“ (mz)