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Nimmermüder sucht Ruhe Nimmermüder sucht Ruhe: SPD-Mann Burkhard Lischka hat genug von Politik

Von Hagen Eichler 11.01.2019, 09:00
Burkhard Lischka (SPD) im Deutschen Bundestag.
Burkhard Lischka (SPD) im Deutschen Bundestag. dpa

Magdeburg - Dass er beruflich auch etwas ganz anderes machen könnte - daran hat Burkhard Lischka nie einen Zweifel gelassen.

Talent zeigte der SPD-Mann etwa als Moderator, wenn er den Linken Gregor Gysi oder den früheren BND-Chef Gerhard Schindler nach Magdeburg holte und auf der Bühne ausfragte. Schlagfertig, interessiert, ohne politisches Lagerdenken. Jetzt will Lischka tatsächlich umsatteln - und zurück in seinen erlernten Beruf als Jurist.

Burkhard Lischka wird Notar in Haldensleben

Eine freie Stelle als Notar hat ihn dazu gebracht, seine politische Karriere im Bundestag zu beenden. Notarstellen sind rar und Gold wert, der Beruf gilt als sensationell gut bezahlt. Die jetzt freiwerdende Stelle sei „auf absehbar lange Zeit die letzte Möglichkeit“, wieder in seinen alten Beruf zu wechseln und gleichzeitig in Magdeburg bleiben zu können, lässt Lischka wissen. Die Stelle ist in Haldensleben (Landkreis Börde), Lischka wird künftig einen kurzen Weg haben. Ob ihn die Arbeit ihn auch ausfüllt?

Der 53-Jährige ist ein Vollblutpolitiker, berüchtigt ist er für sein tägliches Arbeitspensum. Um vier Uhr morgens beginnt sein Tag, spätabends oder nachts endet er. Seit 2009 ist der Menthol-Raucher Bundestagsabgeordneter, seit 2014 ist innenpolitischer Sprecher seiner Fraktion.

Seine Aufgabe ist es, bei den wichtigen Themen Sicherheit, Zuwanderung und Asyl die sozialdemokratische Handschrift sichtbar zu machen. Er muss dem Innenminister von der Union Paroli bieten, zunächst Thomas de Maizière (CDU), aktuell Horst Seehofer (CSU). Das hinderte ihn nicht, mit Kontrahenten Freundschaft zu schließen, etwa mit dem CDU-Mann Wolfgang Bosbach.

Parteichef wollte er nicht sein

Fragen nach es seinem Karriereziel in der Politik hat Lischka stets abgewehrt. Staatssekretär in Berlin? Er habe da keine Ziele, er sei zufrieden. Wichtig war ihm die Wahl in den Fraktionsvorstand, als Test für seine Beliebtheit.

Nach der Bundestagswahl 2017 gab es für ihn keine Änderung: die gleiche ungeliebte Große Koalition, die gleiche Funktion. Das mag Sehnsucht nach dem alten Beruf ausgelöst haben.

Eine zusätzliche Belastung war ein Amt, das er nie haben wollte, das des SPD-Landeschefs. Nach der dramatischen Wahlniederlage bei der Landtagswahl 2016 ließ er sich erweichen, es zu übernehmen. Die Partei war zutiefst zerstritten, von den in Magdeburg Wichtigen traute keiner dem anderen. Lischka, in Berlin weit weg von all dem, sollte Ruhe hineinbringen und die SPD aufrichten.

Burkhard Lischka zwang Parteifreund Jörg Felgner zu Rücktritt

Im Landesverband hatte Lischka die natürliche Autorität eines Mannes, der auch anders könnte. Als die Partei im Herbst 2016 wegen der Berateraffäre schwer unter Beschuss war, fällte Lischka eine harte Entscheidung und zwang seinen Parteifreund, Wirtschaftsminister Jörg Felgner, zum Rücktritt. Dass ein Kabinettsmitglied für Fehler gehen muss, war in den Jahren zuvor keineswegs üblich.

Mit spürbarer Distanz beobachtete er das Treiben der Magdeburger Regierung. Er stand zur Vernunftentscheidung, mit CDU und Grünen gemeinsam zu regieren - schüttelte aber den Kopf, wenn sich die Kenia-Koalition an Kleinigkeiten festbiss, statt ihre Erfolge herauszustreichen.

Dass die SPD noch immer schlecht dasteht, schmerzt ihn. In seiner Rücktrittserklärung wehrt er sich schon gegen den Vorwurf der Fahnenflucht: „Ich glaube sagen zu können, dass ich mehr als einmal mein Engagement für die Partei unter Beweis gestellt habe.“ (mz)