Nach Berateraffäre Nach Berateraffäre: Manfred Maas und Wirtschaftsforscher Schädlich gründen Unternehmen

Halle (Saale) - „Gute Freunde kann niemand trennen“, sang Franz Beckenbauer im Jahr 1966. Dass der Fußballstar damit einen Hit landete, wissen heute nur noch wenige.
Das Lied trifft auch ganz gut das Verhältnis der bekennenden Fußballliebhaber Manfred Maas und Michael Schädlich. Beide gehören seit mehr als 25 Jahren zur Wirtschaftselite des Landes Sachsen-Anhalt. Der ehemalige Chef der Investitionsbank (IB) und der Wirtschaftsforscher haben nun gemeinsam die Unternehmensberatung M.A.R.S. Consult in Magdeburg gegründet.
Vetternwirtschaft zwischen Maas und Schädlich?
Pikant daran ist: Die beiden Männer sind Teil der sogenannten Berateraffäre. Der Vorwurf lautet Vetternwirtschaft. Schädlich soll mit seinem Institut für Strukturpolitik und Wirtschaftsforschung - kurz ISW - für Studien und Berateraufträge zu viel Geld vom Land erhalten haben. Die Verträge liefen teilweise über den Tisch des damaligen IB-Chefs Maas.
Der Sitz der neuen Unternehmensberatung befindet sich im Magdeburger Stadtteil Sudenburg. In einer Villa, in der die Wirtschaftsprüfungskanzlei Anochin, Roters & Kollegen ihre Büros hat, besitzt Maas bisher nur ein Zimmer.
Im Telefongespräch mit der MZ sagt der 65-Jährige zunächst lakonisch: „Wir sind zwei Rentner, die aber noch etwas leisten und bewegen wollen.“ Und dann ernster: Der Abschied von der Investitionsbank sei für ihn nicht einfach gewesen. „Ich will jetzt nicht von hundert auf null gehen.“ Daher wolle er noch beratend tätig sein.
Verhalf Maas Schädlich zu Aufträgen?
Im Jahr 2018 erlitten die Karrieren sowohl von Maas als auch von Schädlich einen immensen Knick. Damit verbunden ist - das wiegt vielleicht noch schwerer - ein Reputationsverlust.
Was ist passiert? Über Jahre erhielt das Beratungsinstitut ISW mit Schädlich in der Führung Millionenaufträge von verschiedenen Ministerien im Land. 21 Millionen Euro sollen es laut Landesregierung seit 2011 gewesen sein. In die Kritik gerieten Schädlich als auch Maas durch einen 4,5-Millionen-Euro-Vertrag, den das Finanzministerium 2013 über den Umweg der Investitionsbank am Landtag vorbeischleuste. Auftragnehmer war das ISW.
Verantwortlich waren der damalige Finanzminister Jens Bullerjahn und Staatssekretär Jörg Felgner (beide SPD). Felgner musste 2016 deswegen auch als Wirtschaftsminister zurücktreten. Es steht jedoch auch der Vorwurf im Raum, dass Maas seinem Freund Schädlich geholfen hat, den Auftrag zu erhalten.
Über Fußballspiele gestolpert
Maas weist das zurück. „Die Tatsache, dass man sich menschlich gut versteht, kann doch kein Hindernis sein, dass man professionell zusammenarbeitet“, sagte er bereits Ende 2016 im MZ-Interview. Ein noch laufender Untersuchungsausschuss konnte die Anschuldigungen bisher auch nicht stichhaltig belegen.
Der frühere Bank-Chef stolperte 2018 über Fußballspiele: Als Leiter der Investitionsbank ging er im Juni vorzeitig in Ruhestand. Zuvor hatte ihn sein Arbeitgeber „fristlos freigestellt“. Die Staatsanwaltschaft Halle hat ein Ermittlungsverfahren gegen Maas wegen des Verdachts der Vorteilsnahme eingeleitet.
Maas hat auf Einladung der Stadtwerke Zeitz Spiele des FC Schalke 04 und des FC Bayern in VIP-Logen besucht. Die Staatsanwaltschaft untersucht nun, ob es von der landeseigenen Förderbank dafür Gegenleistungen gab. Bisher liegt noch kein Ergebnis vor, teilte Oberstaatsanwalt Ulf Lenzner am Dienstag mit. Maas weist auch hier die Anschuldigungen strikt zurück und macht geltend, dass er die Einladungen als Privatperson bekommen hat.
Schädlich war für Halles OB Wiegand nicht mehr tragbar
Auch für Schädlich ist 2018 beruflich ein schwarzes Jahr gewesen. Die anhaltende öffentliche Kritik an den Millionenaufträgen des Landes schadete dem Image des Beratungsinstituts ISW. Eine ohnehin geplante Nachfolgersuche wurde dadurch wohl drängender.
Das gemeinnützige Institut ISW mit vormals 60 Mitarbeitern wurde zuletzt an die F+U Unternehmensgruppe mit Sitz in Heidelberg (Baden-Württemberg) verkauft. Der Wirtschaftsforscher und seine beiden Mitgeschäftsführer schieden aus. Die parallel betriebene isw GmbH führt Schädlich allerdings noch. Ende vergangenen Jahres wurde Schädlich auch noch als Präsident des Fußball-Drittligisten Hallescher FC aus dem Amt gedrängt.
Oberbürgermeister Bernd Wiegand (parteilos) hielt ihn nicht mehr für tragbar. Schlechte Finanzen und eine frühere Stasi-Tätigkeit - die allerdings seit Jahren bekannt war - fielen dem langjährigen Vereinschef auf die Füße.
Beste Wirtschaftskontakte
Mit der im Januar gegründeten Beratungsgesellschaft M.A.R.S. versuchen beide nun wohl einen Neustart. Maas ist Geschäftsführer und hält laut Handelsregistereintrag 20 Prozent der Firmenanteile.
Auch Schädlich besitzt 20 Prozent, die Mehrheit (60 Prozent) liegt bei der Wirtschaftsprüferkanzlei Anochin, Roters & Kollegen. Laut Maas soll Schädlich im Laufe des Jahres in das Geschäft auch operativ einsteigen. Beide verfügen über beste Wirtschaftskontakte. Maas hat die Investitionsbank 2004 mit gegründet und aufgebaut. Er kennt sich daher auch im deutschen und europäischen Fördermitteldschungel bestens aus.
„Wir wollen Unternehmen bei ihrer Arbeit unterstützen“, sagt Maas. Die wirtschaftliche Entwicklung des Landes liege ihm weiter am Herzen. Dass die jetzige Geschäftsbeziehung mit Schädlich den Vorwurf einer früheren Begünstigung neue Nahrung geben könnte, sieht er gelassen: Nicht eine Anschuldigung stimme. Er will sich davon auch nicht sein Leben bestimmen lassen.
Auch hier sind die Liedzeilen des Beckenbauer-Songs durchaus treffend: „Laß doch die andern reden, was kann denn schon gescheh’n, wir wollen heut und morgen nicht auseinander geh’n.“ (mz)