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Motorradrennen Motorradrennen im ADAC Pocket Bike Cup: Nina Bethge aus Krevese steht mit sechs Jahren an der Startline

Von Maria Pohlmann 28.07.2016, 21:03
„Als ich viereinhalb Jahre alt war, hat Papa beschlossen, dass ich Motorrad fahren darf“, erzählt Nina.
„Als ich viereinhalb Jahre alt war, hat Papa beschlossen, dass ich Motorrad fahren darf“, erzählt Nina. Nico Schneider

Halle (Saale) - Es ist warm in Schlüsselfeld. Der Himmel ist bedeckt und nur wenig Wind bringt etwas Erfrischung. Die Motoren werden angelassen und sind startklar. Die Piloten klappen ihre Visiere herunter, setzten sich auf ihre Maschinen, drehen das Gas auf und können den Start des Rennens kaum abwarten. Die Startampel ist noch rot, die Spannung auf und abseits der 825 Meter langen Asphaltstrecke in der Nähe von Würzburg ist hoch. Die Ampel geht aus und Nina Bethge geht in der ersten Kurve in Führung, muss diese aber bald wieder abgeben.

„Als ich viereinhalb Jahre alt war, hat Papa beschlossen, dass ich Motorrad fahren darf“, erzählt Nina. Sie ist sechs Jahre alt und kommt aus Krevese, einem kleinen Ort mit knapp über 500 Einwohnern in der Altmark. Nach der ersten Klasse genießt sie momentan die Sommerferien, spielt, ist entspannt. Doch sie hat im Vergleich zu vielen Gleichaltrigen ein ganz besonderes Hobby: Motorradrennen.

Mindestens 2.000 Euro

Seit Beginn der Motorradsaison im April fährt Nina Rennen im ADAC Pocket Bike Cup. Am vergangenen Wochenende stand das fünfte von sieben ereignisreichen Rennwochenenden an und Nina mittendrin. In ihrer Rennserie fahren sechs bis zehnjährige Nachwuchsfahrer mit vier PS starken Miniaturausgaben großer Rennmaschinen. Die kleinen Flitzer wiegen etwa 21 Kilogramm und verfügen über einen Einzylinder-Zweitakt-Motor, der seine Leistung aus gerade einmal knapp 40 Kubikzentimetern Hubraum schöpft. Das ist - zum Vergleich - etwa die Größe eines Golfballs.

„Das ist nicht das günstigste Hobby, aber wenn man auf den Urlaub verzichtet, geht das schon“, erklärt Vater Kai Bethge. Mindestens 2.000 Euro müsse man für solch eine Maschine schon investieren, erzählt er. Doch er unterstützt seine Tochter mit aller Kraft - hat er doch früher selbst ein Motorrad besessen. „Nina hat bereits mit einem Jahr auf dem Laufrad gesessen und danach recht früh Fahrradfahren gelernt. Ich dachte mir also: ,Warum nicht etwas mit einem Motor?’ und fuhr nach Berlin, um ihr ein elektronisches Pocket Bike zu kaufen.“

„Das tollste Gefühl ist, wenn ich meine Beine auf die Fußrasten setze und einfach Gas gebe“

Mit dem kleinen Motorrad trainierte Nina eineinhalb Jahre lang, bis sie alt genug war, um in den Pocket Bike Cup einzusteigen und damit an Trainings, Qualifyings und Rennen teilzunehmen. „Wir sind dem ADAC Cup ein Jahr lang hinterhergereist, damit sie nach den jeweiligen Veranstaltungen auf den Rennstrecken fahren kann“, schildert Kai Bethge. Dabei sind die Strecken über ganz Deutschland verteilt. Ein Rennen findet sogar im tschechischen Cheb statt. Meist sind die asphaltierten Kurse etwa einen Kilometer lang und werden sonst mit Karts befahren.

Nina tritt neben den Trainings und Qualifyings jeweils zu zwei Rennen an, die im Schnitt etwa zehn Runden lang sind. „Das tollste Gefühl ist, wenn ich meine Beine auf die Fußrasten setze und einfach Gas gebe“, sagt die Sechsjährige strahlend. Dabei kommt es der jungen Rennfahrerin und ihren Eltern noch nicht auf Ergebnisse, sondern den Spaß an.

Rennreisen und Schulalltag

Zwei Runden vor Ende ihrer ersten Saison liegt Nina auf dem fünften Platz. Für einen Moment auf dem Podium hat es bisher noch nicht gereicht. „Ein Platz unter den ersten Drei und damit ein Pokal wird in diesem Jahr schwierig, aber wir sind ja hier zum Lernen. Nächstes Jahr wollen wir dann gern ein bisschen weiter vorn fahren“, erklärt Vater Bethge die ehrgeizigen Ziele der ganzen Familie.

Bei Maschinen, die auf der Geraden bis zu 60 Kilometer pro Stunde fahren, treten Ergebnisse und Spaß manchmal aber auch in den Hintergrund. „Ich bin schon dreimal gestürzt, aber da ist nichts passiert“, sagt Nina locker. Angst habe die Schülerin nie. Bei Mutter Ines Klann-Bethge sieht das etwas anders aus: „Natürlich denkt man daran. Ich persönlich bin immer aufgeregt, dass alles gut geht. Glücklicherweise ist noch nie etwas Schlimmes passiert. Man muss einfach ein bisschen Vertrauen haben.“

Vertrauen haben auch Ninas Lehrer. „Wenn wir zu einem Rennen fahren, werde ich freitags immer freigestellt. Dann habe ich schon am Donnerstagnachmittag Wochenende“, sagt Nina, die von ihren Klassenkameraden für ihr Hobby bewundert wird. Doch deshalb kommt die Schule noch lange nicht zu kurz: „Mein Lieblingsfach ist Deutsch, und ich gehe gern zur Schule. Ich finde das ist genauso cool wie Motorradfahren.“

Wenn sie selbst gerade kein Rennen fährt, ist Nina am liebsten draußen und spielt mit ihren Freunden, geht auch gern schwimmen. Doch wenn die Motorrad-Weltmeisterschaft läuft, sitzt Nina zusammen mit ihrem Vater gebannt vor dem Fernseher im Wohnzimmer. „Marc Marquez ist mein Vorbild, den mag ich am liebsten“, erzählt die Nachwuchsfahrerin, die bei den Rennen der ganz Großen mitfiebert.

Marquez, ein spanischer Rennfahrer auf höchstem Niveau, ist mehrfacher Weltmeister. Ob Nina auch eines Tages Weltmeisterin werden will? Die Kleine lacht nur. Der Motorradsport ist bei Familie Bethge nicht wegzudenken und gehört einfach zum Alltag. Denn zum Schluss erzählt die Sechsjährige kichernd: „Ich habe zwei Katzen. Eine davon heißt Marquez.“

(mz)

Kai Bethge posiert mit Tochter Nina an der Rennstrecke.
Kai Bethge posiert mit Tochter Nina an der Rennstrecke.
Nico Schneider