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Virchowbund protestiert Deshalb sind viele Arztpraxen in Sachsen-Anhalt zwischen den Jahren geschlossen

Vom 27. bis 29. Dezember ruft der Virchowbund zu bundesweiten Schließungen von Arztpraxen auf. Warum es auch in Sachsen-Anhalt nicht der letzte Protest der niedergelassenen Mediziner sein könnte.

Aktualisiert: 21.12.2023, 15:58
Auch in Sachsen-Anhalt beteiligen sich etliche Haus- und Facharztpraxen am Protest.
Auch in Sachsen-Anhalt beteiligen sich etliche Haus- und Facharztpraxen am Protest. (Symbolfoto: dpa)

Halle (Saale)/MZ. - In Sachsen-Anhalt werden viele Patienten vom 27. bis 29. Dezember bei ihrem niedergelassenen Arzt vor verschlossener Tür stehen. Viele Haus- und Fachärzte des Landes folgen damit dem Aufruf des Virchowbundes, der mit dem Protest ein Zeichen gegen die Politik von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) setzen will.

Arzt-Protest womöglich nicht der letzte in Sachsen-Anhalt

Auf Nachfrage bestätigte eine Sprecherin des Virchowbundes, dass unter den tausenden teilnehmenden Praxen auch etliche aus Sachsen-Anhalt sein würden. Da es aber nur ein Aufruf sei und nicht jede Praxis ihre Zusage an den Virchowbund mitteile, könne sie keine genauen Arztpraxen nennen. Dennoch sei es ratsam, sich sicherheitshalber bei seinem Haus- oder Facharzt zu informieren.

Lesen Sie auch: Notstand bei Zahnärzten: Viele Praxen in Sachsen-Anhalt nehmen keine neuen Patienten mehr an

Mit dem Protestaufruf verbunden ist eine Liste mit Kernforderungen, die laut Virchowbund zeitnah umgesetzt werden müssen. Ansonsten sei nicht ausgeschlossen, dass es im kommenden Jahr erneut zum Protest über einen längeren Zeitraum kommt, wie die Sprecherin gegenüber der MZ mitteilte.

Zu den Kernforderungen gehören:

  • Als erster Sofortschritt: Wiedereinführung der Neupatientenregelung
  • Schluss mit der Budgetierung in allen Fachgruppen
  • Eine Krankenhausreform, die das Ambulantisierungspotential voll statt einseitig ausschöpft
  • Mindestens 5.000 Medizinstudienplätze mehr
  • Eine neue gesetzliche Preisfindung bei den Finanzierungsverhandlungen zum Orientierungspunktwert (OPW), welche die Kostenentwicklung durch Inflation und Tarifabschlüsse unmittelbar statt mit zwei Jahren Verzögerung abbildet
  • Ein klares Bekenntnis von Politik und Kassen zur Freiberuflichkeit der Ärzte in Wort und Tat sowie zum Erhalt der ambulanten dezentralen Strukturen und damit der freien Arztwahl für Patienten

Virchowbund: Viele Praxen sind überlastet

„Wo man auch hinblickt: Beinahe jede Arztpraxis ist aktuell massiv überlastet. Besonders bitter dabei ist, dass die meisten schon den ‚Zero Pay Day‘ erreicht haben, also rechnerisch seit Mitte November keinen Cent für die Behandlung von Kassenpatienten erhalten“, erklärt Dr. Dirk Heinrich, Bundesvorsitzender des Virchowbundes.

Die systematische Unterfinanzierung verschärfe damit  den Fachkräftemangel in den Arztpraxen. Die Gehaltsentwicklung der Medizinischen Fachangestellten (MFA) in den Praxen hinke jener des Klinikpersonals weit hinterher. Denn anders als die Krankenhäuser erhielten die Arztpraxen Tarifsteigerungen erst mit mehreren Jahren Verzögerung von den Krankenkassen refinanziert. Auch der Corona-Bonus würde nur für Kliniken gewährt, nicht für Praxen – obwohl dort 19 von 20 Corona-Patienten versorgt wurden, wie aus einer Mitteilung des Virchowbundes hervorgeht.

Demnach würden mit dem Protest die Praxen einerseits auf diese Misere hinweisen wollen. Andererseits sollen die zusätzlichen freien Tage zum Jahresende ein positives Signal an die MFA sein, um sie trotz der täglichen Belastung und der fehlenden Wertschätzung aus der Politik zu motivieren.

Vertretung für den Notfall

An den Feiertagen können Patientinnen und Patienten sich an den ärztlichen Not- und Bereitschaftsdienst unter der Telefonnummer 116 117 wenden.

Geschlossene Praxen benennen für den Protestzeitraum Vertreter für dringende Notfälle.