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Kommentar zu Güssau-Rücktritt Landtagspräsident Güssau tritt zurück: Jetzt weniger mauscheln

Von Hartmut Augustin 15.08.2016, 19:00
Der Christdemokrat Hardy Peter Güssau steht wegen Unregelmäßigkeiten bei der Stendaler Briefwahl im Sommer 2014 in der Kritik.
Der Christdemokrat Hardy Peter Güssau steht wegen Unregelmäßigkeiten bei der Stendaler Briefwahl im Sommer 2014 in der Kritik. dpa-Zentralbild

Halle (Saale) - Da geht einer und schlägt noch einmal krachend die Tür zu. Nicht anders ist der Rücktritt von Hardy Peter Güssau vom Amt  des Landtagspräsidenten zu bewerten. Bis zum Schluss uneinsichtig und borniert.

Seine Rücktrittserklärung zeigt einmal mehr, dass er gar nicht verstanden hat, worum es in der Affäre geht. Ein Landtagspräsident muss über jeden Zweifel erhaben sein.

Er hat zu der Wahlaffäre in Stendal zwar viel erklärt, aber dann doch niemanden überzeugt. Alle Fraktionen im Landtag haben ihm attestiert, dass sein Agieren in Stendal eben nicht über jeden Zweifel erhaben ist. Aber anstatt das einzusehen, bleibt er dabei, dass er sich nichts vorzuwerfen hat.

Der Fall Güssau offenbart Schwachstellen im politischen System Sachsen-Anhalts. Nach welchen Kriterien werden   Spitzenämter verteilt? Steht die Qualifikation der Kandidaten immer an erster Stelle? Haben die Parteien  vor allem das Wohl der Menschen und des  Landes im Sinn oder  zu oft  Interessen der eigenen Parteifreunde?

Nach jeder Wahl werden Geld und Posten verteilt. Das ist nicht verwerflich, denn schließlich geht es nicht um eine persönliche Bereicherung.

Damit die Parteien ihre in den Wahlprogrammen avisierten Ziele auch umsetzen können, müssen Regierung und Parlament finanziell und personell gut ausgestattet sein. Na klar ist es verständlich, wenn ein Parteifreund, der sich jahrelang ehrenamtlich abgerackert hat, im Wahlkampf dann  bei Wind und Wetter auf der Straße stand, am Ende auch auf einen Posten drängt. Aber, ist es politisch klug und richtig - wenn derjenige nicht kompetent und/oder integer ist - ihm diesen Wunsch dann zu erfüllen?

Hardy Peter Güssau ist so ein Fall. Als CDU-Ratsfraktionschef hat er bei der Kommunalwahl 2014 in Stendal keine gute Figur gemacht. Seine Integrität war beschädigt.

Trotzdem wurde er von der CDU als Kandidat für das Amt des Landtagspräsidenten vorgeschlagen. Eine innerparteiliche Strömung musste mit dem Spitzenamt bedient werden.

Die Fragen, die Güssau jetzt beantwortete, hätten ihm von  der CDU und den anderen Parteien  schon vor seiner Wahl im Landtag ernsthaft gestellt werden sollen.

In den USA werden Kandidaten für ein Spitzenamt bis auf die Unterhose durchleuchtet. Soweit soll es hier gar nicht gehen. Aber, wer als Landespolitiker von den Wählern ernst genommen werden will, der muss auch umsichtig, vorausschauend und ernsthaft bei einer Kandidatenkür agieren. Wäre das geschehen, dann hätte Sachsen-Anhalt die aktuelle Affäre nicht erlebt.

Der Fall Güssau ist  in erster Linie ein Problem für die CDU. Das Ansehen der Partei und des ganzen Landes wurde beschädigt. Doch auch alle anderen Parteien sind nicht davor gefeit, wenn sie politische Macht, viel Einfluss und Geld bekommen, nicht nur zum Wohle  der Menschen in Sachsen-Anhalt zu entscheiden.

Nach der Güssau-Affäre müssen nun endlich mal die Alarmglocken schrillen und sich die Erkenntnis landesweit durchsetzen: Hört auf mit dem Mauscheln! (mz)

Den Autor erreichen Sie unter [email protected]