1. MZ.de
  2. >
  3. Mitteldeutschland
  4. >
  5. Sachsen-Anhalt
  6. >
  7. Kommentar zum "Schreiben nach Gehör": Kommentar zum "Schreiben nach Gehör": Der Versuch birgt erhebliche Risiken

Kommentar zum "Schreiben nach Gehör" Kommentar zum "Schreiben nach Gehör": Der Versuch birgt erhebliche Risiken

Von Hagen Eichler 25.08.2017, 18:14
Hagen Eichler
Hagen Eichler MZ

Magdeburg - Gegen das „Schreiben nach Gehör“ lässt es sich herrlich polemisieren. Jeder kann sich ausmalen, wie Kinder ohne Rechtschreibkenntnis loslegen. Die Ergebnisse mag man je nach Laune komisch oder entsetzlich finden. Viele fragen sich: Was soll der Quatsch? Warum lernen die Kinder nicht wie wir früher mit der Fibel, und jeder Fehler wird rot angestrichen?

Eine Antwort lautet: Weil es die eine, naturgegeben richtige Methode nicht gibt. Jedes Kind lernt anders – und die heutigen Erstklässler kommen sowieso mit anderen Fähigkeiten und Schwächen in die Schule als die Generationen zuvor. Es ist also legitim, neue Methoden zu erforschen und anzuwenden.

Der Versuch, Kinder mit der Methode „Schreiben nach Gehör“ zu motivieren, birgt allerdings erhebliche Risiken. Wenn Kinder zu Beginn ihrer Schulkarriere erfahren, dass jede Schreibweise irgendwie in Ordnung ist und feste Regeln nicht gelten, könnte sich diese Einstellung festsetzen. Spätestens zu Ende der Schulzeit müssen die Regeln aber sitzen. In der Arbeitswelt gibt es für reformpädagogische Ansätze keinerlei Rabatt. Diejenigen, die die Regeln beherrschen, sind gnadenlos: Man denke an den Spott, den der Handwerker erfährt, der seinen Unternehmensnamen mit dem sogenannten Deppen-Apostroph verziert.

Deshalb ärgert es Eltern zu Recht, wenn Lehrer es mit der Rechtschreibung nicht so genau nehmen. Nur selten dürfte die Grundschulmethode „Schreiben nach Gehör“ die Ursache sein. Die große Mehrheit der Schüler im Land wird konventionell nach der Fibel unterrichtet. Nein, es sind Desinteresse und Bequemlichkeit, wenn sich der Mathelehrer für Rechtschreibfehler nicht zuständig fühlt. Diese Beliebigkeit ist das wahre Problem. (mz)

Den Autor erreichen Sie unter:  [email protected]