Mehr Waffen in Privathaushalten Kleiner Waffenschein Sachsen-Anhalt: Sachsen-Anhalter geben die meisten Schüsse ab

Magdeburg - Die private Aufrüstung in Sachsen-Anhalt geht unvermindert weiter. Die Zahl der Kleinen Waffenscheine ist auch im fünften Jahr in Folge gestiegen. Was Polizei- und Sicherheitsexperten besonders besorgt: Statistisch gesehen wird hierzulande sogar am häufigsten geschossen.
So wurden 2018 in Sachsen-Anhalt die bundesweit meisten Schüsse je Einwohner abgegeben. Das geht aus einer Statistik des Bundeskriminalamts (BKA) hervor.
Verbotenes Schießen mit Luftgewehren
Demnach wurde im vergangenen Jahr in Sachsen-Anhalt in 299 Fällen auf Personen oder Sachen geschossen, das entspricht 13,4 Straftaten je 100 000 Einwohner. Das Bundesland liegt damit weit vor dem Saarland (10,9), Thüringen (9,9) und Berlin (7,9) an erster Stelle.
Im Jahr 2017 verzeichneten die Statistiker noch einen Wert von 9,7. Laut polizeilicher Kriminalstatistik waren in den allermeisten Fälle etwa unzulässiges Schießen mit Luftgewehren oder Sachbeschädigungen der Grund für die Anzeigen bei der Polizei.
Experten warnen mit Nachdruck vor einer weiteren privater Aufrüstung. „Wenn immer mehr Leute mit Waffen auf die Straße gehen, ist es die logische Folge, wenn auch mehr Menschen von ihnen Gebrauch machen“, so Peter Meißner, Landesvorsitzender des Bundes Deutscher Kriminalbeamter (BDK).
Polizei gegen Aufrüstung mit privaten Waffen
Ähnlich äußerte sich die Gewerkschaft der Polizei (GdP). „Wir sehen grundsätzlich eine Neigung, sich Waffen anzuschaffen und diese dann auch anzuwenden“, erklärt Landeschef Uwe Bachmann. Diese Entwicklung mache ihm große Sorgen. „Deswegen sind wir als Gewerkschaft grundsätzlich ein Gegner von privater Aufrüstung.“
Das Innenministerium in Sachsen-Anhalt betonte indes, innerhalb der vergangenen zehn Jahre seien die Fälle, in denen geschossen wurde, deutlich zurückgegangen. Laut Angaben eines Sprechers habe es im Jahr 2009 noch 412 solcher Straftaten gegeben. Ein Vergleich der Zahlen verschiedener Bundesländer sei aus Sicht der Behörde zudem problematisch, da die Sicherheitslage im Land damit nicht tiefgreifend erfasst werden könne.
Ansturm auf Kleinen Waffenschein in Sachsen-Anhalt
Unterdessen ist der Ansturm auf den Kleinen Waffenschein ungebrochen. Der erlaubt das Führen von Schreckschuss-, Gas- und so genannten Signalwaffen. Besitzer müssen mindestens 18 Jahre alt, körperlich sowie geistig geeignet sein und dürfen keine Vorstrafen haben. Die Gebühr beträgt in Sachsen-Anhalt 66 Euro. Laut Innenministerium stieg die Zahl der Kleinen Waffenscheine innerhalb von einem Jahr um über 1.300 auf 12.817 zum Stand Ende August. Zum Vergleich: Im Jahr 2015 waren sogar nur 4.486 Kleine Waffenscheine bei den Sicherheitsbehörden registriert.
„Die Entwicklung korreliert mit einem subjektiven Unsicherheitsgefühl in der Bevölkerung“, sagt BDK-Landesvorsitzender Peter Meißner. Dies würde häufig mit der Migrationsbewegung seit 2015 und den sexuellen Übergriffen von Gruppen junger Männer vornehmlich aus dem nordafrikanischen und arabischen Raum auf Frauen in der Silvesternacht von 2015 auf 2016 in Köln zusammenhängen. Die reine Faktenlage widerspreche dem jedoch: „Objektiv gibt es weniger Straftaten“, so Meißner weiter. Es müsse überlegt werden, die Waffengesetze noch rigider zu machen. „Jede Waffe, die nicht im Verkehr ist, ist eine gute Waffe“, sagte Meißner.
Das unterstreicht auch Wolfgang Ladebeck, Landeschef der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG). Jede Schreckschusspistole stellt selbst aufgrund ihrer Ähnlichkeit zu echten Pistolen eine Gefahr dar. Er forderte eine Aufstockung des Personals. Wenn ausreichend Polizei zur Verfügung stünde, würde auch das Sicherheitsbedürfnis der Bevölkerung befriedigt. Für Sicherheit zu sorgen, das sei die Aufgabe der Polizei - und nicht von Privatpersonen. (mz)