1. MZ.de
  2. >
  3. Mitteldeutschland
  4. >
  5. Sachsen-Anhalt
  6. >
  7. Karge Nebeneinkünfte: Karge Nebeneinkünfte: Warum Sachsen-Anhalts Abgeordnete im Abseits stehen

Karge Nebeneinkünfte Karge Nebeneinkünfte: Warum Sachsen-Anhalts Abgeordnete im Abseits stehen

Von Hagen Eichler 20.09.2019, 08:00
Die Bundestagsabgeordneten aus Sachsen-Anhalt haben deutlich weniger Nebeneinkünfte als  ihre Kollegen aus anderen Bundesländern.
Die Bundestagsabgeordneten aus Sachsen-Anhalt haben deutlich weniger Nebeneinkünfte als  ihre Kollegen aus anderen Bundesländern. www.imago-images.de

Magdeburg - Spitzenjobs in der Politik sind gut bezahlt, echte Reichtümer aber winken anderswo. Das weiß auch der frühere Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU), einst mitverantwortlich für die Pannenbaustellen Stuttgarter Bahnhof und Berliner Flughafen.

Als Hinterbänkler im Bundestag gehört er nun zu den Großverdienern: Aufsichtsratsmandate und Beraterverträge spülten seit der Wahl 2017 mindestens 487.000 Euro in die Kasse. Insgesamt verdient jeder vierte Parlamentarier noch dazu, hat der Verein Abgeordnetenwatch errechnet. Eine Gruppe steht abseits beim großen Geldverdienen: die 23 Abgeordneten aus Sachsen-Anhalt.

Martin Reichardt (AfD): Arbeitgeber zahlt weiter

Nur zwei haben Einnahmen gemeldet, die über der vom Bundestag festgelegten Bagatellgrenze liegen. Es sind Martin Reichardt (AfD) aus der Börde und Sepp Müller (CDU) aus Wittenberg. Die Summen sind aber vergleichsweise übersichtlich.

Beide haben sich bei der Bundestagsverwaltung in die niedrigste von zehn Einkommensstufen einsortiert. Laut Abgeordnetenwatch kamen bei Reichardt seit November 2017 insgesamt 21 000 Euro zusammen. Faktisch sei es sogar weniger, sagt Reichardt, der auch AfD-Landesvorsitzender ist. „Ich bekomme ein kleines monatliches Salär von meinem alten Arbeitgeber und stehe dafür gelegentlich mit meinem Wissen zur Verfügung“, sagt Reichardt. Konkret spricht er von einer Summe, die „unter einem 450-Euro-Job“ liege.

Das wäre nicht einmal anmeldepflichtig - die unterste Stufe beginnt bei 1.000 Euro monatlich. „Ich habe nach dem Einzug in den Bundestag sicherheitshalber etwas mehr angegeben und habe das nie geändert“, erklärt Reichardt. Das Geld stammt von der Firma WSO, einem Anbieter von Sicherungstechnik im Schienenverkehr. Bis zur Wahl in den Bundestag 2017 war Reichardt dort angestellt.

Abgeordnete, die als Unternehmer tätig waren, ohne relevante Nebeneinkünfte

Bei dem CDU-Parlamentarier Sepp Müller sind es zwei Solaranlagen auf dem Dach der Eltern, die monatlich Geld einbringen, laut Abgeordnetenwatch 14.000 Euro. Das sei aber der Umsatz, betont Müller - der Gewinn liege deutlich niedriger.

Auffällig beim Blick auf die Zahlen: Selbst Abgeordnete, die als Unternehmer tätig waren, haben keine relevanten Nebeneinkünfte deklariert. Etwa Frank Sitta, Sachsen-Anhalts FDP-Vorsitzender und Inhaber einer kleinen Firma für Kongressmanagement. Seit Sittas Sprung in den Bundestag ist das Unternehmen allerdings fast inaktiv, es hat derzeit keinen Mitarbeiter. „Ich wüsste gar nicht, wie ich das noch schaffen soll“, sagt Sitta. „Neben der Politik komme ich zu nichts anderem mehr.“ In seiner Fraktion hat er den Posten eines Vize-Vorsitzenden, der viele zusätzliche Termine einbringt.

Die enormen Summen, die einige neben ihrem Mandat erzielen, werden von vielen Abgeordneten aus Sachsen-Anhalt kritisch gesehen. Der Hallenser Christoph Bernstiel (CDU) unterscheidet allerdings: Wenn Unternehmer in den Bundestag gewählt werden und aus ihren Firmen weiterhin Einnahmen erzielen, sei das in Ordnung. „Wir können nicht verlangen, dass so jemand alles aufgibt. Der Bundestag soll ja ein Abbild der Gesellschaft sein“, findet Bernstiel.

Kritisch sieht er hingegen hohe Vortragshonorare, etwa bei dem früheren SPD-Chef Sigmar Gabriel und der einstigen Linken-Fraktionschefin Sahra Wagenknecht. „Die predigen Wasser und saufen Wein“, urteilt Bernstiel. „Wer sein Mandat nur noch nutzt, um sich den Geldbeutel zu füllen, sollte sich aus der Politik zurückziehen.“ Auch sein CDU-Kollege Müller sieht das so. „Wer ständig gut bezahlte Vorträge hält oder viel Zeit für Aufsichtsratsmandate verwendet, muss sich fragen lassen, wie das mit den Anforderungen des Mandats zusammenpasst.“

16,5 Millionen Euro nebenher

Die meisten Bundestagsabgeordneten aus Sachsen-Anhalt dürften sich mit ihrer Wahl finanziell verbessert haben. Viele kommen aus dem öffentlichen Dienst, die Abgeordnetendiäten von 10 084 Euro monatlich liegen über ihren früheren Einkommen.

In einigen Parteien sind bezahlte Nebentätigkeiten besonders häufig. 32 Prozent der CDU-Abgeordneten haben mindestens eine weitere Einkommensquelle, in der CSU sind es 46 Prozent, 53 Prozent bei der FDP. Am geringsten ist der Anteil der Zusatzverdiener bei den Grünen. Insgesamt kassierten Abgeordnete seit der Wahl 2017 mindestens 16,5 Millionen Euro für Tätigkeiten außerhalb des Parlaments. (mz)