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Pleitewelle bleibt aus Ist Sachsen-Anhalts Wirtschaft immun gegen Corona?

Die befürchtete Pleitewelle durch das Corona-Virus bleibt aus - Sachsen-Anhalt steht sogar besser da als andere Bundesländer. Experten sehen dafür einen zentralen Grund.

Von Steffen Höhne 12.06.2021, 09:00
In der Pandemie blieben viele Geschäfte monatelang geschlossen. Bisher führt das aber kaum zu Insolvenzen.
In der Pandemie blieben viele Geschäfte monatelang geschlossen. Bisher führt das aber kaum zu Insolvenzen. (Foto: imago images/Future Image)

Halle (Saale) - Mehr als sieben Monate waren Restaurants und Hotels geschlossen, viele Einzelhändler konnten seit Dezember nur eingeschränkt ihre Geschäfte betreiben. „Die von vielen Beobachtern vorhergesagte Insolvenzwelle ist bisher ausgeblieben und für die nähere Zukunft auch nicht zu erwarten“, sagte Insolvenzexperte Steffen Müller von Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) der MZ.

Seit Monaten ermittelt das hallesche Institut akribisch die Zahl der Firmenpleiten. Im Mai meldeten in Deutschland den Angaben zufolge lediglich 682 Personen- und Kapitalgesellschaften eine Insolvenz an, das waren 30 Prozent weniger als im Vorjahresmonat. Ähnlich ist die Lage in Sachsen-Anhalt. Im Bundesvergleich gibt es hierzulande mit 1,4 Firmenpleiten auf 100.000 Einwohner sogar besonders wenig Insolvenzen. IWH-Forscher Müller begründete dies mit der Wirtschaftsstruktur.

Staatliche Hilfen verhinderten viele Insolvenzen

„In Sachsen-Anhalt wird weniger gegründet, dafür ist auch die Zahl der Firmenpleiten geringer.“ In wirtschaftlich schwierigen Phasen seien besonders junge Betriebe gefährdet, „die noch keine Zeit hatten, sich finanzielle Polster aufzubauen“. Als wichtigster Grund für die robuste Situation wurde im Vorjahr von vielen Wirtschaftsfachleuten die Aussetzung der Insolvenz-Antragspflicht angesehen. Doch seit dem Frühjahr ist die alte Insolvenzordnung wieder in Kraft. Nach Ansicht Müllers haben vor allem die staatlichen Hilfen gewirkt: „Das Kurzarbeitergeld, gepaart mit Kostenzuschüssen und Hilfskrediten hat die meisten Firmen finanziell über Wasser gehalten.“

In Sachsen-Anhalt gab es im vergangenen Monat vergleichsweise wenige Firmeninsolvenzen.
In Sachsen-Anhalt gab es im vergangenen Monat vergleichsweise wenige Firmeninsolvenzen.
(Grafik: MZ/Büttner)

Das sieht auch Michael Schmidt, Landeschef des Gastroverbandes Dehoga, so: Der Verband hatte im Frühjahr 2020 geschätzt, dass 30 Prozent der Firmen wegen der angeordneten Schließungen nicht bestehen werden. „Jetzt gehen wir davon aus, dass 15 Prozent der Betriebe wegfallen“, so Schmidt. Die Wirtschaftshilfen seien zwar teilweise sehr spät ausgezahlt worden, hätten aber Wirkung gezeigt.

Nach Einschätzung des halleschen Insolvenzverwalters Lucas Flöther ist es noch zu früh, um eine Bilanz zu ziehen: „Viele mittlere und größere Unternehmen haben sich vollgesogen mit staatlichen Mitteln.“ Erst wenn die Hilfen wegfallen und die Kredite zurückgezahlt werden müssen, wird laut Flöther sichtbar, wie stabil die Unternehmen wirklich sind. Bei Privatinsolvenzen - darunter fallen auch Selbstständige - gebe es bereits einen sichtbaren Anstieg. (mz)