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Integration in Sachsen-Anhalt Integration in Sachsen-Anhalt: Muslime beklagen fehlenden Dialog mit dem Land

Von Jan Schumann 17.03.2018, 10:00
Betende Muslime während des Freitagsgebets. 
Betende Muslime während des Freitagsgebets.  dpa

Halle (Saale) - Muslime in Sachsen-Anhalt kritisieren einen fehlenden Dialog mit der Landesregierung in Fragen der Integration. „In den vergangenen zwei Jahren ist fast nichts zustande gekommen“, sagte Mamad Mohamad, Chef der größten Migrantenorganisation Lamsa. Der Austausch mit den Gemeinden im eigens gegründeten Islamforum sei eingeschlafen.

„In zwei Jahren hat das Forum nicht einmal getagt“, beklagte Mohamad. 2015 war das Gremium vom damaligen Kultusminister Stephan Dorgerloh (SPD) ins Leben worden. Es sollte zentrale Anliegen der Gemeinden diskutieren, etwa möglichen Islam-Unterricht an Schulen und Bestattungen nach islamischer Tradition.

Minister Marco Tullner hält Islamforum für entbehrlich

Doch der für Religion zuständige Landesminister Marco Tullner (CDU) hatte das Islamforum zuletzt als entbehrlich beschrieben. „Es hat im Rahmen des Islamforums unter Minister Dorgerloh zwei - ich betone: zwei - Gesprächsrunden gegeben“, so Tullner im Landtag. „Dabei stellte sich heraus, dass durch die Gemeinden vorrangig Einzelprobleme angesprochen wurden.“ Diese sollten eher vor Ort diskutiert werden. Der Minister erklärte zudem gegenüber der MZ, ein Islamforum solle nicht in Konkurrenz zum bestehenden Integrationsbeirat des Landes stehen.

In den Jahren 2015 und 16 war die Anzahl der Muslime in Sachsen-Anhalt durch Flüchtlingszuzug stark angestiegen. Vage Schätzungen gehen von mindestens 20 000 Gläubigen aus. Während die Migrantenorganisation Lamsa vor dem Einstampfen des Islamforums warnt, appellieren auch die Gemeinden. „Der Start unter Minister Dorgerloh war ja nur ein Anfang, die großen Ziele sind noch lange nicht erreicht“, sagte Moawia Al-Hamid, Vorsitzender der islamischen Gemeinde in Magdeburg. „Die Gemeinden sind der wichtigste Motor für die Integration der Muslime“, so Al-Hamid. „Als große Gemeinschaft in Magdeburg schaffen wir das allein. Wie das bei den anderen ist, weiß ich nicht.“

Sachsen-Anhalts Integrationsbeauftragte: Wir hängen nicht an Strukturen

Sachsen-Anhalts Integrationsbeauftragte Susi Möbbeck (SPD) hat reagiert und die Gemeinden jüngst ins Sozialministerium eingeladen. „Wir hängen nicht an Strukturen, aber es ist wichtig, dass der Kontakt wieder stärker aufgenommen wird“, sagte Möbbeck der MZ. Die Religionsgemeinden seien nicht nur Partner in der Integration - sie seien auch wichtig, um Radikalisierung zu verhindern. Sie sagte, „ich halte es für wichtig, dass sich der Minister dem Thema widmet“. Möbbeck und Tullner lagen zuletzt in Religionsfragen über Kreuz: Als die SPD-Politikerin Muslimen in der Stendaler Moschee mit einem Schal über dem Kopf begegnete, empörte sich Tullner: „Ich bin nur noch sprachlos“.

In Sachen Integration hofft Magdeburgs Gemeindechef Al-Hamid künftig auf islamischen Religionsunterricht an Sachsen-Anhalts Schulen. Im Koalitionsvertrag ist dafür ein Prüfauftrag festgeschrieben. Tullner gibt sich aber nüchtern. Prüfergebnisse werden im Herbst erwartet - dabei würden auch Erfahrungen aus anderen Bundesländern und die Bedarfslage einbezogen.

Die Debatte fällt mit einer Grundsatz-Diskussion über den Islam in Deutschland zusammen: Der neue Bundesinnen- und Heimatminister Horst Seehofer (CSU) hatte der Bild-Zeitung am Freitag gesagt, der Islam gehöre nicht zu Deutschland. „Deutschland ist durch das Christentum geprägt. Dazu gehören der freie Sonntag, kirchliche Feiertage und Rituale wie Ostern, Pfingsten und Weihnachten.“ Kanzlerin Angela Merkel (CDU) widersprach Seehofer. (mz)