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Rückzug von HFC-Präsident Schädlich  HFC: Präsident Schädlich: Kein Steuergeld für Spitzel?

Von Hagen Eichler und Steffen Könau 11.12.2018, 19:13
Stasi-Vorwürfe - hier ein Bild aus dem Archiv in Berlin - sorgen auch fast 30 Jahre nach der Wende wie im Fall Schädlich noch immer für Debatten.
Stasi-Vorwürfe - hier ein Bild aus dem Archiv in Berlin - sorgen auch fast 30 Jahre nach der Wende wie im Fall Schädlich noch immer für Debatten. dpa

Halle (Saale) - Der nach Stasi-Vorwürfen erzwungene Abgang von HFC-Präsident Michael Schädlich hat eine neue Debatte über den Umgang mit der DDR-Vergangenheit angestoßen.

Heftig umstritten ist der neue Kurs von Halles Oberbürgermeister Bernd Wiegand (parteilos): Er hatte ausgeschlossen, dass die öffentliche Hand Vereine wie den Fußball-Drittligisten HFC unterstützt, wenn an deren Spitze ehemalige Stasi-Spitzel stehen. Saalesparkasse, Stadtwerke und Wohnungsgenossenschaften sind die wichtige Geldgeber des HFC.

Sachsen-Anhalts Sportminister Holger Stahlknecht (CDU) wollte sich dem auf MZ-Nachfrage nicht anschließen. Eine konkrete Aussage, ob Schädlichs Kandidaturverzicht wenige Tage vor der ursprünglich geplanten Mitgliederversammlung gut oder schlecht ist, vermied er.

Er betonte aber die Leistungen des scheidenden Präsidenten. „Der HFC hat den Aufstieg in die dritte Bundesliga geschafft, steht dort aktuell auf Platz 4. Ein solcher sportlicher Erfolg ist immer eine Mannschaftsleistung, an welcher Herr Schädlich, als langjähriger Präsident des HFC, einen maßgeblichen Anteil hat.“

Harte Kritik am Oberbürgermeister übte Andreas Silbersack, OB-Kandidat der FDP sowie Chef des Landessportbundes und Vize des Deutschen Olympischen Sportbundes. Wiegands Verhalten sei „schäbig“, die Stasi-Belastung nur ein Vorwand, um Schädlich aus dem Amt zu drängen. Dessen Stasi-Vergangenheit sei seit Jahren kein Geheimnis. „Die Öffentliche Hand hat das bisher nicht davon abgehalten, mit dem HFC zusammenzuarbeiten.“

Rücktritt von HFC-Präsident Schädlich erzwungen: Unzulässiger Übergriff der Politik?

SPD-Landeschef Burkhard Lischka sieht in Wiegands Verhalten einen unzulässigen Übergriff. „Ich finde die Art unmöglich, wie ein demokratisches Wahlamt dafür genutzt wird, jetzt sogar noch Personalpolitik in Vereinen zu machen.“

Lischka betonte, die Debatte über die Stasi-Vergangenheit einzelner sei notwendig. Es komme jedoch auf eine differenzierte Betrachtung an.

Unterstützung bekommt Wiegand indes aus den Reihen von SED-Opfern. „Wer mit Spitzelberichten anderen Menschen geschadet hat, darf so ein wichtiges Amt wie das des HFC-Präsidenten nicht bekleiden“, sagte Carl-Gerhard Winter, Landesvorsitzender der Vereinigung der Opfer des Stalinismus. Für eine solche Schuld könne es keine Verjährungsfrist geben. „Wir müssen auf die Opfer sehen. Da wurden viele Lebensläufe gebrochen, zum großen Teil auch die Seele.“

Die Landesbeauftragte zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, Birgit Neumann-Becker, lobte Wiegand: „Der Oberbürgermeister will offenbar für Klarheit sorgen.“ Viele Fragen zu Schädlichs Biografie seien noch offen, er selbst habe völlige Transparenz und Klarheit nie geschaffen.

Immer wieder hat die Stasi auch nach ihrem Ende Karrieren behindert. Dabei war Halle ein Sonderfall: Nachdem Unbekannte 1992 Listen mit 4.500 inoffiziellen Zuträgern des MfS-Bezirksverwaltung publik gemacht hatten, war klar, welche Prominenten sich hatten verpflichten lassen.

Auf der Liste fanden sich Olympiasieger, Unternehmer, Künstler und Anwälte, aber auch Polizisten und Professoren. Der Chef des Landessportbundes musste sofort abtreten, die Direktorin der Händel-Festspiele indes wehrte sich dagegen über Jahre.

2007 mussten Vorstände der Industrie- und Handelskammer Magdeburg zurücktreten. 2013 traf es dann den Vorstand des Landes-Journalistenverbandes, nachdem drei von sechs Vorständlern als Stasi-IM aufgeflogen waren. (mz)