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  7. Haseloff sieht negativen Folgen für die Braunkohleregion im Süden Sachsen-Anhalts, wenn es einen früheren Ausstieg aus der Kohlekraft geben sollte

Stromversorgung Haseloff hält früheren Kohleausstieg für unmöglich

Ein Ende der Verstromung schon bis 2030? Für den Ministerpräsidenten Reiner Haseloff (CDU) ist das mit jetzigem Recht nicht zu schaffen. Nötig seien neue Spielregeln, fordert er.

Von Hagen Eichler Aktualisiert: 20.10.2021, 08:34
Klar ist momentan nur: Der Braunkohletagebau in Sachsen-Anhalt ist ein Auslaufmodell.
Klar ist momentan nur: Der Braunkohletagebau in Sachsen-Anhalt ist ein Auslaufmodell. Foto: Jan Woitas/picture alliance/dpa

Magdeburg/MZ - Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) schießt scharf gegen das Vorhaben der möglichen nächsten Bundesregierung aus SPD, Grünen und FDP, den Ausstieg aus der Braunkohleverstromung deutlich vorzuziehen. In einem Positionspapier hatten die drei Parteien festgehalten, „idealerweise“ solle dieses Ziel bereits 2030 statt 2038 umgesetzt sein. Haseloff hält das für einen Fehler, der Deutschlands Stromversorgung in Frage stelle - und er hält es für gar nicht möglich. „Das ist nicht umsetzbar“, sagte der Regierungschef nach einer Kabinettssitzung am Dienstag. „Noch gelten physikalische Gesetze und das geltende Recht.“

Eine Stunde lang hatte die Landesregierung über die Berliner Pläne diskutiert. Die Sorge vor negativen Folgen für die Braunkohleregion im Süden Sachsen-Anhalts teilen die drei Magdeburger Regierungsparteien CDU, SPD und FDP. Haseloff sieht gar einen grundsätzlichen Schaden für die Demokratie heraufziehen. Er verwies auf den mühsam ausgehandelten Kohlekompromiss, mit dem der Ausstieg bis 2038 festgezurrt worden war. Diese Jahreszahl sei nicht beliebig gesetzt worden, sondern Ergebnis der Planungen, nach denen bestehende Kohle-Arbeitsplätze durch neue ersetzt werden sollten. „Darauf haben die Leute vertraut“, sagte Haseloff. „Deshalb bin ich schon enttäuscht, dass das zur Disposition gestellt wird.“

Verlust von Arbeitsplätzen droht

Haseloff warnte, bei gleichzeitigem Ausstieg aus Kohle und Atomkraft werde eine Stromlücke entstehen. „Selbst bei offensivem Zubau von erneuerbaren Energien kann das nicht abgefangen werden.“ Damit stehe die Versorgung der Bevölkerung und der Industrie auf der Kippe. Es drohe der Verlust von Arbeitsplätzen „in Größenordnungen“.

Für die Kohleregion machte Haseloff eine Forderung auf. Wenn man überhaupt über eine Änderung des Kohlekompromisses verhandeln wolle, müsse der Staat seine Planungen deutlich beschleunigen, sagte er. Auf Nachfrage nach konkreten Details sagte Haseloff: „Instanzenwege, Klagemöglichkeiten - das alles muss in der Geschwindigkeit verdoppelt werden.“ Für das Kohlerevier müsse es Spielregeln geben, „die anders sind als im Rest der Bundesrepublik Deutschland“. Wörtlich sprach er von einer „Sonderwirtschaftszone“.

Haseloff will Klimaziele erreichen

Der CDU-Politiker hatte zu den maßgeblichen Gestaltern des Kohlekompromisses gehört. Sollten die Koalitionsverhandlungen in Berlin zu einer rot-grün-gelben Regierung führen, hätte die CDU anders als bislang nur noch wenig Einflussmöglichkeiten.

Die neue Magdeburger Infrastrukturministerin, FDP-Landeschefin Lydia Hüskens, will sich in Berlin für die Interessen der Region einsetzen. „Klar ist: Ein Kohleausstieg vor dem Jahr 2038 ist nur denkbar, wenn einerseits die Energiesicherheit gegeben ist und andererseits die Belastungen für die betroffenen Regionen aufgefangen werden“, sagte Hüskens der MZ. „Da stehe ich an der Seite des Ministerpräsidenten.“ Ein vorgezogener Kohleausstieg sei für die möglichen Berliner Koalitionspartner wünschenswert, stehe aber unter diesen Bedingungen. Wie Haseloff fordert auch Hüskens die Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren.

Haseloff betonte, er stelle nicht die Klimaziele in Frage. Diese müssten erreicht werden. Allerdings frage er sich, warum dabei vor allem auf den Kohlesektor geschaut werde und weniger auf andere Erzeuger von Klimagasen. „Entscheidend ist der Effekt, den wir erzielen.“ Zudem hätten andere Länder bei der Energieerzeugung ein CO2-neutrales „Standbein“, etwa Wasserkraft oder Atomenergie.