Gegen staatliche Maßnahmen Gegen staatliche Maßnahmen: Proteste gegen Corona-Verbote in deutschen Großstädten

Berlin/Halle (Saale) - Trotz eines weitgehenden Verbots von Demonstrationen wegen der Corona-Pandemie gab es am Wochenende in mehreren deutschen Großstädten Proteste gegen die derzeitigen massiven Einschränkungen - darunter auch in Halle.
In Berlin versammelten sich am Samstagnachmittag rund 1.000 Menschen, die zeitweise dicht an dicht standen. Sie trafen sich auf dem Rosa-Luxemburg-Platz vor der Volksbühne. Viele von ihnen standen vor Absperrgittern, die die Polizei rund um den Platz aufgestellt hatte, weil derartige Kundgebungen derzeit nicht erlaubt sind und die Polizei verhindern wollte, dass der Platz zu voll wird.
Die Polizei stellte bei 105 Menschen die Personalien fest und leitete Verfahren wegen Verstößen gegen die Corona-Verordnung ein. Außerdem gab es einige Anzeigen wegen Widerstands gegen Polizisten, Angriffen, Körperverletzung und Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen.
Rund ein Dutzend Demonstranten hat am Samstag auf dem halleschen Markt protestiert
Schon an den vergangenen vier Samstagen hatten sich trotz des Verbots Demonstranten versammelt. Die Mehrheit der Protestierer ließ sich nicht eindeutig bestimmten politischen oder anderen Gruppen zuordnen. Unter den Teilnehmern waren AfD-Politiker sowie bekannte Rechtspopulisten. Auch Verschwörungstheoretiker waren dabei, die über angeblich im Körper implantierte Chips oder gleichgeschaltete Medien sprachen.
Rund ein Dutzend Demonstranten hat am Samstag auf dem halleschen Markt protestiert. Initiator Christian Weißflog aus Halle und weitere Teilnehmer sehen sich als Teil der Berliner Bewegung „Nicht ohne uns“, die die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie in Frage stellt und die damit verbundenen Freiheitseinschränkungen nicht tolerieren will.
Demokratisch denkende Menschen müssten sich laut dieser Bewegung fragen, ob die weitgehende Abschaffung der bürgerlichen Freiheitsrechte wirklich verhältnismäßig sei, so der Tenor der Bewegung. Teilnehmer des stillen Protests, den die Demonstranten im vorgeschriebenen Sicherheitsabstand und zumeist sitzend äußerten, waren unter anderem der prominente hallesche Psychiater, Psychoanalytiker und Autor Hans-Joachim Maaz und der in der rechten Szene bekannte Steffen Hupka, der Flyer zur angeblichen „Corona-Lüge“ verteilte.
Halles bekanntester Rechter, Sven Liebich, trat am Rande der Demonstration mit massiven Beschimpfungen in Erscheinung. Obwohl sich die Demonstranten ausdrücklich von rechtem Gedankengut distanzieren, gab es während der Protestaktion keine Bestrebungen, Liebich und Hupka aktiv aus der Versammlung zu entfernen oder von der Veranstaltung auszuschließen.
In Stuttgart sind Hunderte Menschen dem Aufruf der Initiative „Querdenken“ gefolgt und haben gegen eine Einschränkung der Grundrechte demonstriert. Zwischen 350 und 500 Menschen versammelten sich dabei am Samstag auf dem Stuttgarter Schlossplatz.
Schäuble warnt davor, dem Schutz von Leben in der Corona-Krise alles unterzuordnen
Auch prominente Politiker nehmen die Grundrechtsdebatte inzwischen auf. Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) warnt davor, dem Schutz von Leben in der Corona-Krise alles unterzuordnen. „Wenn ich höre, alles andere habe vor dem Schutz von Leben zurückzutreten, dann muss ich sagen: Das ist in dieser Absolutheit nicht richtig“, sagte Schäuble dem „Tagesspiegel“.
Wenn es überhaupt einen absoluten Wert in unserem Grundgesetz gebe, dann sei das die Würde des Menschen. „Aber sie schließt nicht aus, dass wir sterben müssen“, sagte der CDU-Politiker. Der Staat müsse für alle die bestmögliche gesundheitliche Versorgung gewährleisten. „Aber Menschen werden weiter auch an Corona sterben“, sagte er. Schäuble warnte außerdem vor einem Kippen der Stimmung in der Bevölkerung. (dpa/mz)