Experten zu Corona-Warn-App Experten zu Corona-Warn-App: Drosten sieht "guten Effekt" - Kekulé warnt vor Fehlalarm

Halle (Saale) - Nach wochenlanger Verzögerung gibt es nun auch in Deutschland eine Corona-Warn-App: Dem ausdrücklichen Aufruf der Bundesregierung zum Download der App folgten am Dienstag mehr als eine Million Menschen. Die App sei zwar „kein Allheilmittel“ und auch kein „Freifahrtschein“, aber ein „wichtiges Werkzeug“ zur Eindämmung der Pandemie, sagte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) bei ihrer Vorstellung.
Der Virologe Alexander Kekulé befürchtet, dass die neue Corona-Warn-App zu „vielen falschen Alarmen“ führen wird. Kekulé sagte am Dienstag im Podcast von MDR Aktuell, das Smartphone könne zum Beispiel keine schützenden Plexiglasscheiben erkennen oder ob Kontaktpersonen einen Mundschutz getragen hätten.
Außerdem registriere die Technik nicht, wo sich Menschen begegnet seien, ob draußen oder in einem engen Raum.
„Wichtige gefährliche Kontakte können von der App gar nicht festgestellt werden“, warnt Kekulé. Der Epidemiologe erklärte, das Ganze könne „erst richtig funktionieren, wenn wir auch Angaben über den Raum haben. Das ist aber in der neuen Version nicht geplant, aus Datenschutzgründen.“
Nach Einschätzung Kekulés wird es durch die App keine angekündigte Entlastung für die Gesundheitsämter geben, die nun zusätzliche Meldungen nachverfolgen müssen.
Virologe Drosten setzt Hoffnungen in neue Corona-App
Der Virologe Christian Drosten verspricht sich von der neuen staatlichen Corona-Warn-App hingegen einen „guten Effekt“ auch im Fall von relativ niedrigen Nutzerzahlen. Selbst dann könne „an vielen Stellen ein entscheidender Unterschied“ erzielt werden, sagte der Wissenschaftler von der Charité in Berlin am Dienstag im NDR-Podcast.
Die App sei ein „entscheidend wichtiges Werkzeug“, um die Zahlen niedrig zu halten. Bei der Suche nach Kontakten eines Infizierten komme es schließlich vor allem auf Geschwindigkeit an: Müssten da erst Telefonketten losgehen, gehe wichtige Zeit verloren, sagte er.
Zum Zeitpunkt des Gesprächs mit dem NDR hatte Drosten die App auf seinem Handy wegen eines leeren Akkus noch nicht installiert, wie er sagte. Er wolle sie aber herunterladen. Die Warn-App startete in der Nacht zum Dienstag. Bürger können sie freiwillig verwenden. Die App soll das Nachverfolgen von Kontakten von Infizierten erleichtern.
Über die Menschenansammlungen bei Demos in den vergangenen Wochen sagte Drosten, dies stelle zwar grundsätzlich eine Gefahr dar - auch wenn man sich im Freien weniger infiziere als in Räumen. Momentan sei die Anzahl der Fälle im Verhältnis zur Einwohnerzahl in Deutschland aber sehr niedrig. Es sei daher durchaus vorstellbar, dass keine Infizierten in den Menschenansammlungen gewesen seien. Diese Hoffnung dürfe man nicht vergessen. (mz/dpa)