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Ex-AfD-Referentin beleidigte Poggenburg Ex-AfD-Referentin beleidigte Poggenburg: Strafe für ein Gedicht mit Arschloch-Satz

Von Hagen Eichler 18.09.2018, 18:00
Kampfeslustig: die wegen Beleidigung Angeklagte Lena Knorr.
Kampfeslustig: die wegen Beleidigung Angeklagte Lena Knorr. Hagen Eichler

Magdeburg - Den früheren AfD-Landesvorsitzenden André Poggenburg einen Verbrecher nennen? Einen Lügner, ehrlosen Mann, einen Kriminellen? All das würde Richter Martin Schleupner offenbar ungestraft lassen. Aber „Arschloch“? Schleupner schüttelt den Kopf. „Das Wort mit A – das geht nicht.“

Vor dem Amtsgericht Magdeburg wegen Beleidigung angeklagt ist Jelena („Lena“) Knorr, in der Ukraine geborene Russin, 2016 kurzzeitig Mitarbeiterin der AfD-Landtagsfraktion in Magdeburg und seitdem Anlass für parteiinternen Streit.

2016 entließ die Fraktionsführung Knorr unter bis heute umstrittenen Umständen. Unmittelbar danach beschuldigte die Frau den AfD-Abgeordneten Matthias Büttner eines sexuellen Übergriffs. Die Ermittlungen laufen.

All das ist der Hintergrund für den Beleidigungsprozess. Der konkrete Anlass: ein Gedicht – oder jedenfalls ein Text in Reimform. Im Januar 2017 veröffentlichte Knorr das Werk bei Facebook, sie schmäht darin den damaligen AfD-Landes- und Fraktionschef Poggenburg unter anderem mit den Worten: „Wie fühlt es sich an, so ein Arschloch zu sein?“

André Poggenburg (AfD) kommt nicht zum Prozess wegen Beleidigung nach Magdeburg

Poggenburg bleibt dem Gericht an diesem Dienstag fern. Die Angeklagte erscheint mit hochgestecktem roten Haar und in kämpferischer Stimmung. Auf ihrem T-Shirt ist das Gesicht von Maria Butina zu sehen, eine in den USA wegen Spionage angeklagte Russin. Knorr sieht sich als deren Schicksalsgenossin, als eine zu Unrecht Verfolgte.

Für das „A-Wort“, wie der Richter sagt, trägt allerdings sie die Verantwortung. Fast väterlich macht der Richter der 35-Jährigen klar, dass er um eine Strafe nicht herumkommt - wenngleich sie milde ausfallen wird. Die Beleidigung sei ja nur „ein minimaler Fehler“, sagt Schleupner, die Angeklagte sei unbescholten und werde derlei sicher nicht wiederholen. Zudem sei auch die AfD in ihrem Umgangston „kein Kind von Traurigkeit“. Als denkbares Urteil nennt Schleupner eine Verwarnung samt Geldbuße - die mildeste Strafe, die ein Gericht verhängen kann.

Knorr freilich will das nicht akzeptieren. „Ich fühle mich nicht schuldig“, sagt sie und und beginnt zu weinen. „Es geht hier um meine Würde. Ich sehe nicht ein, meine Schuld einzugestehen gegenüber dem Mann, der mein Leben vernichtet hat.“

Schon zu Beginn hatte sie die Bank der Angeklagten für eine Anklage genutzt. Ausgangspunkt ihres Vortrags: der von ihr behauptete sexuelle Übergriff während einer Dienstreise. Sie habe den Fraktionsvorstand über den Vorfall sofort informiert, aber: „Man hat mich mit allen Mitteln gebeten, Loyalität zu wahren.“ Statt sie zu unterstützen, habe der Fraktionsvorstand sie dann aus fadenscheinigen Gründen entlassen und als Verrückte diskreditiert.

Soll der sexuelle Übergriff eines AfD-Abgeordneten unter den Tisch gekehrt werden?

Knorr schildert, wie ein Vertrauter Büttners versucht habe, sie mit einem fingierten Notruf in die Psychiatrie einweisen zu lassen - auch in diesem Fall ermittelt die Staatsanwaltschaft. „Ich wollte nicht einen beleidigenden Ton treffen, ich wollte nur auf meine Situation aufmerksam machen“, verteidigt Knorr ihren Text.

Auf Freispruch plädiert ihre Anwältin, unter Berufung auf die Meinungs- und die Kunstfreiheit. Eine Verwarnung samt Geldbuße von 500 Euro fordert der Staatsanwalt. Dem schließt sich der Richter an. „Ich halte das A-Wort für diffamierend und das war von Ihnen auch so gewollt“, sagt er in seiner Urteilsbegründung.

Die Verwarnung ist mit einer Bewährungsfrist von zwei Jahren verbunden. Sollte es in dieser Zeit erneut einen Konflikt mit dem Gesetz geben, würde eine Strafe von 900 Euro fällig.

Knorr kündigte noch auf dem Gerichtsflur an, in Berufung gehen. (mz)