Regierung sorgt für Ärger Demografie-Beirat Sachsen-Anhalt: Minister löst Experten-Runde auf

Magdeburg - Der Richtungsstreit um die künftige Demografie-Politik in Sachsen-Anhalt sorgt weiter für Verstimmungen zwischen der Landesregierung und dem hochkarätig besetzten Expertenbeirat.
Nachdem Ex-Beiratsvorsitzende Carmen Niebergall (CDU) Anfang Mai aus Ärger über „offensichtliches Desinteresse“ der neuen Regierung an der Thematik hingeschmissen hatte, sorgt nun die überraschende Abberufung des gesamten Demografie-Beirats durch Landesentwicklungs-Minister Thomas Webel (CDU) für Irritationen.
„Geschockt“ seien einige Mitglieder, heißt es in einem Schreiben eines bisherigen Gremienvertreters, das der MZ vorliegt. Ein Grund für die Empörung: Die Berufungen seien zuletzt „unbefristet“ erfolgt.
Der Brief nimmt die Kritik von Ex-Staatssekretärin Niebergall an Landesentwicklungsminister Webel auf: „Der Minister hat sich in all den Jahren nicht für das Thema interessiert, dann die schlechte Koalitionsvereinbarung und jetzt die Abberufung.“ Webel begründet die Abberufung, die er bereits Ende Mai verkündet hatte, damit, dass die neue Legislaturperiode „naturgemäß“ einen Einschnitt für das Gremium bedeute.
Es soll laut Webel bis zum Sommer neu aufgestellt werden. Zudem hätten einige Beiratsmitglieder ohnehin die Absicht geäußert, austreten zu wollen, sagte Ministeriumssprecher Peter Mennicke der MZ.
Es soll einen neuen Beirat geben
Sicher sei, dass wieder ein Demografie-Beirat berufen werde, allerdings soll es keinen Vorstand mehr geben, so Mennicke. „Der Minister denkt darüber nach, selbst die Leitung des Beirates zu übernehmen.“
Das Gremium berät die Landesregierung seit 2010 in Fragen der Bevölkerungsentwicklung. Zuletzt gehörten ihm 18 Vertreter aus Wirtschaft, Wissenschaft, Wohnungsbau und Verwaltungen an. Niebergall hatte vor ihrem Abgang kritisiert, dass Zuarbeiten nicht im Koalitionsvertrag gewürdigt worden seien.
Öffentlich monieren bisherige Mitglieder wie Oberkirchenrat Albrecht Steinhäuser nun, es sei unglücklich gewesen, „dass der Beirat abberufen wird, ohne dass klar ist, inwiefern es eine Fortsetzung gibt“. Steinhäuser saß bisher als Vertreter der Evangelischen Landeskirche im Beirat. Grundsätzlich könne es freilich sinnvoll sein, „dass ein solcher Beirat einen zeitlichen Horizont hat“.
Mit Blick auf die Kritik, dass den bisherigen Mitgliedern zu keiner Zeit signalisiert worden sei, dass ihr Engagement befristet sein könnte, sprach Jost Riecke, Chef des Verbands der Wohnungswirtschaft Sachsen-Anhalt, von einem „Mangel in der Geschäftsordnung“.
Entscheidend sei jedoch die Zusage des Ministers, nach der das Gremium künftig weiterbestehen soll. „Sachsen-Anhalt ist das meistbetroffene Land in der Demografie-Problematik.“ Er wolle die Abberufung nicht als Zeichen des Misstrauens werten. (mz)