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Landesregierung Sachsen-Anhalts CDU-Chef im Interview: „Das war kein Kampf Schulze gegen Willingmann“

CDU-Landeschef Sven Schulze erzählt, wie er zu seinem neuen Job als Minister kam - und was er von seinem Status als Kronprinz von Ministerpräsident Haseloff hält.

Aktualisiert: 10.09.2021, 06:58
Ministerpräsident Reiner Haseloff (li.) - hier bei einer CDU-Regionalkonferenz - hat einen neuen Kronprinz: Sven Schulze.
Ministerpräsident Reiner Haseloff (li.) - hier bei einer CDU-Regionalkonferenz - hat einen neuen Kronprinz: Sven Schulze. Foto: Hendrik Schmidt/dpa-Zentralbild/

Halle (Saale)/MZ - Er ist noch nicht einmal im Amt, gilt aber schon als neuer starker Mann der Landes-CDU - und als Kronprinz von Ministerpräsident Reiner Haseloff: Der Europaabgeordnete Sven Schulze. Der 42-jährige, gebürtige Quedlinburger hat mit Haseloff für die CDU die schwarz-rot-gelben Koalitionsverhandlungen geleitet - und dabei der SPD die Zuständigkeit für Wirtschaft abverhandelt. Neuer Landeswirtschaftsminister soll nun werden: Sven Schulze. Über seinen neuen Job sprach mit dem verheirateten Vater dreier Kinder Kai Gauselmann.

Herr Schulze, von einer Skala von eins bis zehn – wobei zehn „Traumjob“ bedeutet: Wie gerne wollen Sie Wirtschaftsminister sein?

Sven Schulze: Sollte Reiner Haseloff mich in sein Kabinett berufen, dann eine Neun. Das ist eine Aufgabe, vor der ich extrem viel Respekt habe. Zumal es nicht nur um Wirtschaft geht, sondern gleichrangig auch um Landwirtschaft, Forsten und Tourismus. Das wird kein Wirtschaftsministerium mit angeschlossener Landwirtschaft - beide Ebenen werden gleichwertig behandelt.

Ich war sehr lange in der Wirtschaft tätig.

Sven Schulze, künftiger Landes-Wirtschaftsminister

Wie konnten Sie als landespolitisches Greenhorn der SPD die wichtige Zuständigkeit für Wirtschaft abjagen?

Schulze: Man darf sich das nicht so vorstellen, als ob man in solchen Koalitionsverhandlungen nur über solche Positionen spricht. 90 Prozent der Zeit ging es um Inhalte. Dass die Zuständigkeit für Wirtschaft und für Landwirtschaft wieder in die Hände der CDU soll, das haben uns die Wähler klargemacht. Und wir haben das in den Gesprächen klar kommuniziert. Jede Partei hat eine DNA - bei uns gehören dazu die Themen Innere Sicherheit, Wirtschaft und der ländliche Raum.

Ist die Bündelung von Wirtschaft und Landwirtschaft also vor allem parteipolitisch motiviert?

Schulze: Nein, das ergibt auf vielen Ebenen Sinn. Jeder landwirtschaftliche Betrieb ist ja auch ein Wirtschaftsunternehmen, die müssen Geld verdienen. Die Kombination von Landwirtschaft und Umwelt gibt es nicht mehr in allzu vielen Bundesländern. Bedenken akzeptiere und respektiere ich. Wenn die Regierung zu Stande gekommen ist, werden wir sehr, sehr hart daran arbeiten, möglichst schnell zu zeigen, dass die neue Zuordnung sinnvoll ist.

Noch-Wirtschaftsminister Armin Willingmann (SPD)
Noch-Wirtschaftsminister Armin Willingmann (SPD)
Foto: Matthias Bein/dpa-Zentralbild/dp

Wie ist jetzt Ihr Verhältnis zu Noch-Wirtschaftsminister Armin Willingmann?

Schulze: Das war kein Kampf Schulze gegen Willingmann. Ich habe ein exzellentes Verhältnis zu Armin Willingmann.

Was wollen Sie als Minister erreichen?

Schulze: Ich war sehr lange in der Wirtschaft tätig, auch in einer Führungsposition, ich war Vertriebsleiter in einem Maschinenbauunternehmen und bin Wirtschaftsingenieur. Für mich war in dieser Zeit wichtig, dass die Politik verlässlich ist und man nicht jedes Jahr in eine neue Richtung läuft. Das ist für mich das Allerwichtigste, auch für die Landwirtschaft. Das zweite wichtige Thema, für die ganze Landesregierung, ist der Strukturwandel. Im Süden Sachsen-Anhalts wird da ausschließlich über den Kohleausstieg gesprochen. Die Autozuliefererindustrie ist aber auch stark betroffen: In dem Bereich haben wir im Land knapp 26.000 Beschäftigte. Ein ganz großer Teil davon ist derzeit abhängig vom Verbrennungsmotor. Die Unternehmen haben jetzt einen Transformationsprozess vor sich, den wir als Politik begleiten müssen. Das sind oft gut bezahlte Jobs, das ist ein Riesenthema. In der Land- und Forstwirtschaft will ich schnell das Agrarstrukturgesetz angehen.

Für die CDU werden Frauen dabeisein, weil sie es aufgrund ihrer Qualifikation verdienen.

Sven Schulze, CDU-Landesvorsitzender

Soll neue Bildungsministerin werden: Eva Feußner (CDU)
Soll neue Bildungsministerin werden: Eva Feußner (CDU)
Foto: picture alliance/dpa

Bisher haben Sie in Brüssel gearbeitet und gelebt, der Hauptstadt Europas. Jetzt in Magdeburg. Empfinden Sie das als Abstieg?

Schulze: Nein, auf keinen Fall. Im europäischen Parlament der einzige Abgeordnete aus Sachsen-Anhalt zu sein, war eine riesige, ehrenvolle Aufgabe. Aber ich bin Landeskind, bin hier aufgewachsen und habe diesem Land sehr viel zu verdanken, deshalb freue ich mich auf die neue Aufgabe.

Haseloffs frühere Kronprinzen Holger Stahlknecht und André Schröder haben ihre Ministerposten verloren: Kriegen Sie jetzt Angst, wo Sie nun als potenzieller Haseloff-Nachfolger gelten?

Schulze: Nein. Ich gehe an die neue Aufgabe nicht unter diesem Gesichtspunkt heran. Minister für Wirtschaft und Landwirtschaft zu werden, ist eine riesige Aufgabe, auf die ich mich freue - an die ich aber auch mit Demut gehe. Da denke ich nicht über irgendwelche Dinge nach, die in der Zukunft liegen. Die CDU ist auch so groß, dass wir für jede Position mehrere Kandidaten haben sollten. Man sollte immer Alternativen haben.

CDU und SPD hätten allein eine knappe Stimmenmehrheit im Landtag. Warum brauchen Sie die FDP – trauen Sie ihren eigenen Leuten nicht?

Schulze: Nein, das hat damit nichts zu tun. Eine Einstimmenmehrheit würde bedeuten, dass immer alle anwesend sein müssen, da dürfte ja nicht einmal jemand krank fehlen.

Tamara Zieschang für Inneres, Eva Feußner für Bildung, Franziska Weidinger für Justiz: Gleich drei CDU-Frauen sollen an den Kabinettstisch. Was ist denn bei der Partei der alten weißen Männer los?

Schulze: Über das geplante Personal gebe ich vor der Zustimmung unserer Parteimitglieder an diesem Freitag und der Landesvorstandssitzung am kommenden Dienstag keine Auskunft. Es steht aber fest: Die Regierung wird eine gute Mannschaft sein. Für die CDU werden Frauen dabeisein, weil sie es aufgrund ihrer Qualifikation verdienen, nicht, weil sie eine Frauenquote erfüllen sollen.