Messung in Klärwerken Wie stark Corona in Sachsen-Anhalt noch verbreitet ist
Der Frage, wie strak Corona noch in Sachsen-Anhalt verbreitet ist, ist das Landesamt nachgegangen. Die Behörde untersucht Abwasser auf Viren. Auch andere Infektionen könnten bald frühzeitig erkannt werden.

Halle/MZ - Die Pandemie ist vorbei, nach drei Jahren Corona ist Normalität eingekehrt. Doch im Hintergrund laufen Messungen weiter: Sachsen-Anhalt wertet seit Herbst 2022 flächendeckend Abwasser in Klärwerken aus, um Erkenntnisse zur Verbreitung von Corona-Viren zu gewinnen.
Die Werte aus diesem Monitoring veröffentlicht das Landesamt für Umweltschutz (LAU) seit diesem Montag für jede Region online. Nutzen sollen sie kommunale Gesundheitsämter und Bürger.
Für die Daten werden Proben aus zwölf Kläranlagen zwei Mal wöchentlich analysiert und auf Bestandteile von Corona-Viren untersucht. Ein Blick auf die Zahlen zeigt: Aktuell spielt Corona in allen Regionen kaum eine Rolle.
Corona in Sachsen-Anhalt: Was zeigt das Abwasser-Screening?
Zu sehen ist aber auch eine kleinere Welle vom März bis in den April. Nachzuverfolgen sind ebenso große Corona-Wellen über einen Zeitraum von zwei Jahren. In Halle beispielsweise zeigen sich deutliche Ausschläge in den beiden Wintern und im Frühjahr 2022. Das passt zu dem Anstieg der Inzidenzen.
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Das Abwasser-Screening war 2021 als Pilotprojekt in vier Kläranlagen gestartet, Ende vergangenen Jahres wurde es ausgeweitet. Hintergrund sei auch, dass das „Corona-Virus kaum noch getestet wird, wodurch gemeldete Fallzahlen und Inzidenzzahlen das tatsächliche Infektionsgeschehen nicht mehr wiedergeben“, sagt LAU-Sprecherin Ines Wahl auf MZ-Anfrage.
Die Daten zeigten zumindest einen Trend, wie sich die Corona-Lage im Land oder in Regionen entwickele. Das Monitoring hat jedoch Schwächen: So ist nicht erkennbar, wie stark Infizierte erkrankt sind, wie viele insgesamt betroffen sind oder wie schwer die aktuelle Variante ist.
Corona-Frühwarnsystem durchs Abwasser?
Die Werte können auch durch Faktoren wie Starkregen beeinflusst werden. Ein Corona-Frühwarnsystem – so die frühere Annahme – ist die Methode auch nicht, weil sich „seit der Omikron-Variante die Inkubationszeit des Virus' so stark verkürzt“ habe.
Das Abwassermonitoring des Landesamtes für Umweltschutz ist einsehbar auf der Internetseite: https://uis-st.de/abwassermonitoring/index.html#/
Wissenschaftsminister Armin Willingmann (SPD) hofft, dass das Screening auf andere Erreger ausgeweitet wird. „Es könnte in Zukunft auch bei der Früherkennung von Infektionskrankheiten zum Einsatz kommen“, erklärte er. Dies ist laut Wahl geplant: „Erfahrungen in Ländern wie Israel zeigen, dass die Untersuchungen zum zuverlässigen und kostengünstigen Gesundheitsmanagement beitragen können.“
Der Virologe Klaus Stöhr hält das Monitoring für unnötig. „Corona ist jetzt eine normale Infektionskrankheit. Sie wird jeden Winter kommen und es wird Wellen geben, aber wo ist die Gefahr für die Allgemeinheit? Und ab welchem Messwert wäre welche Reaktion angebracht?“
Es sei weder Patienten noch der Politik bei der Entscheidungsfindung geholfen. „Die Impfempfehlung für Vulnerable vor dem Winter und die Therapie bei Patienten hängen nicht von der Virenkonzentration im Abwasser ab. Ob sich eine Gefahr aufbaut, merkt man in den Arztpraxen und Kliniken.“