Kontobetrüger in Sachsen-Anhalt unterwegs Betrug per Sepa-Lastschrift: Die 89,90-Euro-Masche
Immer öfter melden Bankkunden unberechtigte Abbuchungen der Firma „Megatipp Emergency Call Services“. Was man tun muss, wenn unberechtigte Zahlungen abgehen. Ermittler und Verbraucherzentrale erklären Hintergründe und Schritte.

Magdeburg. - Der Altmärker aus einem Ortsteil Gardelegens glaubte seinen Augen nicht zu trauen, als er auf seine Kontodaten schaute und feststellen musste, dass eine Firma „Megatipp Emergency Call Services“ 89,90 Euro abgebucht hat. Für eine Leistung, die er nicht in Auftrag gegeben hat.
Die Masche mit Empfängerkonto in Malta schwappt inzwischen auch nach Sachsen-Anhalt über. So wurden im Bereich der Polizeiinspektion (PI) Halle (Burgenland-, Saalekreis und Mansfeld-Südharz) im laufenden Berichtsjahr mehrere Strafanzeigen wegen solcherart Betrugsmasche erstattet, so die Pressestelle der PI.
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Unberechtigte Abbuchung durch Betrugsfirma häufen sich in Sachsen-Anhalt
„Insgesamt bewegt sich die Anzahl im niedrigen zweistelligen Bereich. Die Ermittlungen wurden aufgenommen und die Verfahren zur weiteren Entscheidung an die zuständige Staatsanwaltschaft Halle beziehungsweise in Naumburg übergeben“, so die Pressestelle.
Im Bereich der PI Dessau-Roßlau (Anhalt-Bitterfeld, Wittenberg, Dessau-Roßlau) gibt es Ermittlungsverfahren im mittleren zweistelligen Bereich. Einige Anzeigen wurden bereits 2024 erstattet. Die Dunkelziffer sei größer, so Betrugsermittler der Polizeiinspektionen.
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Auch Kunden der Sparkasse MagdeBurg sind betroffen, wie Sprecherin Ines Sommer auf Nachfrage mitteilte. Wie die Betrügerfirma an Bankdaten inklusive der Lastschrifteinzugsgenehmigung komme, sei nicht völlig klar, „aber es gibt Hinweise auf dubiose Gewinnspiele, an denen Betroffene zuvor teilgenommen haben, unerlaubte Telefonwerbung (meist unbekannte Nummern) und unrechtmäßige Weitergabe von Daten durch Dritte“.
Betrug per Lastschrift: Unberechtigte Abbuchung durch Betrugsfirma
Die Möglichkeit per Lastschrifteinzug auf Konten zuzugreifen, vereinbare der Empfänger (Megatipp) mit seiner Hausbank. „Lastschriften können allerdings nur abgebucht werden, wenn der Empfänger ein SEPA-Lastschriftmandat vom Zahlungspflichtigen (Bankkunde) hat. Wir können jedoch nicht prüfen, ob eine Abbuchungsberechtigung des Kunden vorliegt.“
Bekannt ist die Firma bereits geraume Zeit. Neben einer fiktiven Kundennummer wird im Verwendungszweck auch die Webseite „vorsorge-karte.com“ aufgeführt. Das klingt unverdächtig. Und die Betrüger wissen: Viele Bankkunden kontrollieren ihre Bankauszüge eher selten. Hinzu kommt, dass 89,90 Euro keine Unsumme ist und der Gedanke nahe liegt: Das wir wohl alles seine Richtigkeit haben.
Vorgehen der Ermittlungsbehörden - Spuren führen unter anderem in die Türkei
Wie in der Altmark haben die Ermittlungen der PI Halle ergeben, dass es vor den unberechtigten Abbuchungen keinerlei Verträge abgeschlossen oder Einzugsermächtigungen erteilt wurden.
„In Einzelfällen wurden die unrechtmäßigen Beträge von den Kreditinstituten bereits rückgebucht oder weitere Abbuchungen gesperrt. Hinweise auf einen persönlichen Kontakt zwischen Betroffenen und Unternehmen liegen bislang nicht vor“, so die PI Halle.
„Megatipp Emergency Call Services“ mit Sitz in der Türkei, betreibt verschiedene Webseiten, die eine „Vorsorge-Karte“ oder „Notfall-Card“, eine kleine Karte mit Gesundheitsdaten, und Notfallkontakten, die in medizinischen Notfällen helfen sollen, anbieten.
Verbraucherzentrale warnt vor Abzocke: Wie Betroffene reagieren sollten
Die Verbraucherzentrale warnt vor diesem Unternehmen und rät, die Abbuchungen innerhalb von acht Wochen zurückzubuchen. Laut Sparkasse bei ungültigen Lastschriftmandaten sogar innerhalb von 13 Monaten. Das hat der Betroffene aus dem Gardeleger Ortsteil auch erfolgreich getan.
Um das Konto vorsorglich für mögliche erneute Abbuchungen der Betrüger-Firma sperren zu lassen, bedürfe es aber einer Anzeige bei der Polizei, so die Hausbank des Altmärkers. Nach einer Anzeige bei der Polizei sehe das allerdings anders aus.
Schutz vor weiteren Abbuchungen: Vertrag in jedem Fall anfechten!
Laut Sparkasse MagdeBurg können betroffene Kunden eine Lastschriftsperre hinterlegen, um weitere Abbuchungen zu vermeiden. Dazu werde die verwendete Gläubiger-ID (Megatipp) für Abbuchungen gesperrt. Im Gardeleger Fall wird die Anzeige inzwischen von der zuständige Polizeidienststelle Salzwedel bearbeitet.
Neben dem Zurückbuchen der Lastschrift, sollte der Vertrag in jedem Fall bestritten, widerrufen und angefochten werden. Auch, wenn kein Vertrag bekannt ist und der Fall angezeigt wurde.