Beirat: "Das ist nicht zu schaffen" Beirat: "Das ist nicht zu schaffen": Sachsen-Anhalt verfehlt selbstgesteckte Klimaziele

Halle (Saale) - Die Landesregierung aus CDU, SPD und Grünen wird ihr selbstgestecktes Ziel beim Schutz des Klimas nach Expertenmeinung nicht erreichen. Laut Koalitionsvertrag von 2016 wollen die Regierungsparteien den Ausstoß von Treibhausgasen bis zum kommenden Jahr auf 31,3 Millionen Tonnen senken.
Nach jüngsten Zahlen liegt das Land aber noch immer 1,8 Millionen Tonnen über diesem Wert. Der vom Land eingesetzte wissenschaftliche Beirat kommt jetzt zum Fazit, dass die Lücke in der verbleibenden Zeit nicht zu schließen sein wird. „Man muss ehrlich bilanzieren: Das ist nicht mehr zu schaffen“, urteilt Beirats-Chef Reimund Schwarze.
Umweltministerin Claudia Dalbert sieht andere Minister in der Verantwortung
Der Wissenschaftler vom Leipziger Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung ist gemeinsam mit zwölf weiteren Experten vom Umweltministerium eingesetzt, um die Fortschritte bei der Verringerung von CO2 und anderen Treibhausgasen zu überwachen. Grundlage ist ein 463 Seiten starkes Klima- und Energiekonzept, das die Landesregierung im Februar vorgelegt hat.
Darin stehen 72 Vorhaben, mit denen sich Treibhausgase verringern lassen, etwa durch das Aufforsten von Wäldern oder energetische Gebäudesanierungen. Für 38 Ideen ist auch berechnet, was sie kosten und welchen konkreten CO2 -Einspareffekt sie erbringen.
Umweltministerin Claudia Dalbert (Grüne) sieht nun die anderen Minister in der Verantwortung, sich zu konkreten Schritten zu bekennen. Die Umsetzung erfolge „in eigener Ressortzuständigkeit“, heißt es aus Dalberts Haus. Die Ministerkollegen sehen das anders. „Die Federführung liegt im Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft und Energie“, heißt es etwa aus dem Innenressort von Minister Holger Stahlknecht (CDU). „Nur dort liegen alle Daten gebündelt vor, und dort erfolgt auch die weitere Koordinierung.“
Mit allen durchgerechneten Vorschlägen könnte das Land 2,15 Millionen Tonnen Treibhausgase einsparen. Laut Klima- und Energiekonzept würde das aber 160 Millionen Euro kosten - Geld, das im Doppelhaushalt für 2020 und 2021 erst noch untergebracht werden muss. Zudem wirken viele Maßnahmen nicht sofort, selbst wenn sie jetzt eingeleitet werden würden. „Man kann sich schnell ausrechnen, dass das so nicht funktioniert“, sagt Beirats-Chef Schwarze.
„Wenn sich alle anstrengen, das heißt, dann werden wir gemeinsam das Klimaziel erreichen.“
Er blickt daher bereits auf das nächste Klimaziel, die von der Bundesregierung versprochene Verringerung der Treibhausgase bis 2030. Im Vergleich mit 1990 soll der Ausstoß um 55 Prozent gesenkt werden. Dafür habe man nun wichtige Vorarbeiten getan, sagt Schwarze.
Umweltministerin Dalbert hingegen hält daran fest, dass auch das Ziel für 2020 noch zu erreichen ist. An diesem Mittwoch will sie im Landtag eine Regierungserklärung abgeben. Das Ziel sei „hochgesteckt“, sagte sie der MZ. Aber: „Wenn sich alle anstrengen, das heißt, wenn jetzt alle Ministerien konkrete Maßnahmen durchführen, dann werden wir gemeinsam das Klimaziel erreichen.“
Vor der Landtagssitzung konnten sich CDU, SPD und Grüne nicht auf einen Antrag einigen, der die Landesregierung zu einem detaillierten Maßnahmenplan auffordert. Die Christdemokraten legten ihr Veto ein - dort gibt es die Sorge, dass der Klimaschutz bei der Haushaltsaufstellung andere Ziele verdrängt.
Sachsen-Anhalts CO2 -Ausstoß liegt vor allem durch das Braunkohlekraftwerk Schkopau (Saalekreis) sowie industrielle Feuerungsanlagen über dem Bundesschnitt. Der Großteil der Einsparungen seit 1990 wurde durch den Zusammenbruch früherer DDR-Betriebe und durch den rapiden Bevölkerungsrückgang erreicht. (mz)