Ausgerottet, fast ausgestorben Ausgerottet, fast ausgestorben: Jetzt kommen diese Wildtiere wieder zurück nach Sachsen-Anhalt

Halle (Saale) - Der Luchs war weg, der Wolf auch. Beide vom Menschen ausgerottet. Vom Seeadler gab es nur noch ein Paar in Sachsen-Anhalt und auch bei Rotmilan und Biber waren die Bestände einst drastisch geschrumpft. Doch in den vergangenen Jahrzehnten hat sich einiges getan. Schutzmaßnahmen führten dazu, dass die Tiere ins Land zurückgekehrt sind. In Sachsen-Anhalt finden dabei besonders viele bedrohte Arten ein neues, altes Zuhause.
Allerdings warnen Naturschützer davor, aufgrund solcher Erfolge in zu große Euphorie zu verfallen. Viele Tiere stehen auch heute vor dem Aus - so etwa das Rebhuhn, einige Fledermausarten oder der Feldhamster. Und auch die Population der Rückkehr hat nicht in jedem Fall eine stabilen Größe: Seeadler, Luchs oder Wolf können nur überleben, so die Tierschützer, wenn der Mensch weiter auf sie achtet und ihren Lebensraum schont.
Die MZ hat die wichtigsten Fragen zu den Rückkehrern beantwortet und in der Grafik kann man sehen, wo die Wiederkehrer heute leben.
Luchs
Wie bedroht war der Luchs?
Vor ziemlich genau 200 Jahren wurde der letzte Luchs im Harz getötet. Er galt als Trophäe und Konkurrenz um Wildtiere. Damit war er in Mitteldeutschland ausgerottet.
Warum ist er wieder da?
Von 2000 bis 2006 fand im Harz ein Wiederansiedlungsprojekt statt, bei dem 24 Luchse ausgesetzt wurden. Die Tiere waren Gehegenachzuchten aus europäischen Tierparks. Ein besonderer Luchs lebt auf dem Gelände des Truppenübungsplatzes Altengrabow. Es ist ein Einzeltier, das immer wieder gesichtet wird. Wahrscheinlich ist es vor Jahren aus einem Zoo entlaufen.
Warum ist der Luchs wichtig?
Als Raubtier sorgt der Luchs dafür, dass sich das Wild im Wald nicht zu sehr ausbreitet. Dabei frisst er vor allem alte und schwache Tiere.
Wer bedroht ihn heute?
Jedes Jahr kommen Luchse im Straßenverkehr ums Leben. Gerade bei einer so kleinen Population wiegen solche Verluste schwer. Hinzu kommt die genetische Isolation im Harz, die für den Bestand auf Dauer ungünstig ist. Allerdings besteht die Hoffnung, dass sich die Luchse weiter in Richtung Bayern ausbreiteten, wo es auch eine größere Population gibt. Bis nach Thüringen hat er es bereits geschafft. Eine reale Bedrohung stellt zudem die Wilderei dar. In Bayern gab es bereits mehrere Fälle. Auch im Harz wurde schon ein Luchs erschossen.
Wolf
Wie bedroht war der Wolf?
1850 gab es die letzten Nachweise von Wolfsrudeln in Brandenburg. Seitdem gilt er in Deutschland als ausgerottet. Später tauchten noch einige Einzeltiere in Deutschland auf, die aber schnell erschossen wurden. In der DDR etwa wurden 13 Wölfe getötet. Früher galt der Wolf als Jagdtrophäe. Später vor allem als Bedrohung. Bis heute wirken Märchen und Mythen nach, in denen er als bösartig geschildert wird.
Warum ist er wieder da?
Er ist von allein nach Deutschland eingewandert. Ein Wolfspaar, das 1998 erstmals in Sachsen gesichtet wurde, bekam 2000 dort Nachwuchs. Seitdem gilt der Wolf als nach Deutschland zurückgekehrt. Sein hoher Schutzstatus sorgte dafür, dass er sich ausbreiten konnte. Seit 2008 leben auch in Sachsen-Anhalt wieder Wölfe.
Warum ist der Wolf wichtig?
Das Raubtier tötet kranke Wildtiere und gilt als Gesundheitspolizei im Wald.
Wer bedroht ihn heute?
Der Mensch: Seit seiner Rückkehr wurden schon mehr als 20 illegale Abschüsse des Tiers gezählt. Hinzu kommt der Straßenverkehr. Bei Unfällen sterben jedes Jahr zahlreiche Wölfe.
Seeadler
Wie bedroht war der Seeadler?
1981 gab es nur noch ein Seeadler-Brutpaar in Sachsen-Anhalt. Vor allem die Verwendung des Insektizids DDT setzte dem Greifvogel, der seit Mitte des 20. Jahrhunderts unter Schutz stand, zu. Nach dem Verbot des Umweltgifts und durch konsequente Schutzmaßnahmen erholt sich die Population aber langsam wieder.
Warum ist er wieder da?
Konsequenter Schutz und Monitoring: Um jeden bekannten Horst eines Brutpaares gibt es eine Schutzzone. Freiwillige kümmern sich darum, dass diese beachtet wird.
Warum ist der Seeadler wichtig?
Er sorgt für ein Gleichgewicht in seinem Lebensraum. Die Adler fressen kranke Tiere und halten das Ökosystem so gesund.
Wer bedroht ihn heute?
Windräder und Wilderer. Seeadler verenden häufig an einer Bleivergiftung, da sie geschossene Wildtiere essen.
Biber
Wie bedroht war der Biber?
Das größte Nagetier Europas stand Anfang des 20. Jahrhunderts knapp vor der Ausrottung. Er wurde wegen seines Fells und Fleisches gejagt. Im Mittelalter hatte der Papst den Biber sogar zum Fisch erklärt, um ihn in der Fastenzeit zu essen. Auch seine Zähne sowie ein Drüsensekret, das sogenannte „Bibergeil“, waren begehrte Waren.
Warum ist er wieder da?
Die Mittelelbe in Sachsen-Anhalt war seit jeher ein wichtiges Rückzugsgebiet des Bibers - selbst als er in Europa fast ausgerottet war, lebten dort noch Exemplare. Seit 100 Jahren steht der Nager bereits unter Schutz. Umsiedlung- und Auswilderungsprogramme sicherten und sichern seinen Bestand.
Warum ist der Biber wichtig?
Er staut Flüsse und gestaltet so Naturräume. In den angestauten Gewässern finden Amphibien und Insekten einen Lebensraum.
Wer bedroht ihn heute?
Bauprojekte in Flusslandschaften, die den Biberschutz nicht beachten. Landwirte, die den Biber als Konkurrenz um ihre Bäume sehen. Menschen, die ihn für Hochwasser und Überschwemmungen verantwortlich machen.
Rotmilan
Wie bedroht war der Rotmilan?
Wie alle Greifvögel wurde auch der Rotmilan ab Mitte des 19 Jahrhunderts intensiv vom Menschen gejagt. Nachdem auch der Rotmilan unter Schutz gestellt wurde, machten ihm Umweltgifte und die Zerstörung seines Lebensraums zu schaffen. Im Harzvorland etwa, wo seit jeher besonders viele Rotmilane leben, wird der Bestandstiefpunkt für Mitte der 1950er Jahre angegeben.
Warum ist er wieder da?
In Sachsen-Anhalt war der Rotmilan nie weg. Dass sich sein geschrumpfter Bestand wieder erholt hat, liegt vor allem am Verbot von Umweltgiften wie DDT und an Schutzmaßnahmen.
Warum ist der Rotmilan wichtig?
Der Rotmilan steht ganz oben in der Nahrungskette und ist für ein natürliches Gleichgewicht der Tierbestände von Bedeutung. Er kann dazu beitragen, Mäuseplagen zu verhindern. Hinzu kommt, dass der Rotmilan eine „Verantwortungsart“ in Sachsen-Anhalt ist. Das heißt, das Land trägt eine besondere Verantwortung für den Schutz, weil hier ein so großer Teil seiner gesamten Population lebt. Die Hälfte der weltweiten Bestände des Vogels ist in Deutschland zu Hause - zehn bis 15 Prozent davon in Sachsen-Anhalt.
Wer bedroht ihn heute?
Der Rotmilan gerät mitunter etwas aus dem Blick, weil sein Bestand im Vergleich zu anderen Vögeln wie dem Seeadler in Sachsen-Anhalt sehr groß ist. Die Liste der Bedrohungen ist allerdings auch bei ihm lang: Intensivierung der Landwirtschaft, Straßenverkehr, Verlust von Nistplätzen, weil es immer weniger Alleen gibt sowie der zugewanderte Waschbär, der Rotmilan-Nester ausraubt. (mz)