Auch ohne Einser-Abi Ärzte-Mangel: So will Sachsen-Anhalt die Landarzt-Quote verbessern

Magdeburg - Sachsen-Anhalt reserviert fünf Prozent seiner Medizin-Studienplätze für künftige Landärzte. Das will das Kabinett an diesem Dienstag beschließen. Wer über die Landarztquote an die Uni kommt, muss später zehn Jahre lang in einem Ärztemangel-Gebiet arbeiten. Entzieht sich der Arzt dieser Verpflichtung, werden 250.000 Euro Strafe fällig. So steht es im Gesetzentwurf, der der MZ vorliegt.
Knapp 1500 Hausärzte praktizieren derzeit im Land. Der Bedarf ist höher: Krankenkassen und Kassenärztliche Vereinigung sprechen von 141 unbesetzten Stellen, viele davon auf dem Land. Der Ärztemangel wird sich drastisch verschärfen. Laut Prognose gehen bis zum Jahr 2032 930 Mediziner in den Ruhestand, das sind fast zwei Drittel. Der Nachwuchs, rund 44 pro Jahr, reicht bei weitem nicht, um den Verlust auszugleichen.
Stipendien und Prämien locken Ärzte nicht aufs Land
Alle bisherigen Gegenmaßnahmen seien „nicht geeignet, die beschriebene Problemlage zu lösen“, konstatiert die von Sozialministerin Petra Grimm-Benne (SPD) verantwortete Kabinettsvorlage für das neue Landarztgesetz. Zu den bisherigen Instrumenten gehören etwa Stipendien. Auch zahlt die Kassenärztliche Vereinigung an Arztpraxen auf dem Land Prämien und wirbt bei Medizinstudenten für eine Tätigkeit im Dorf.
Der neue Hebel setzt schon vor Aufnahme eines Studiums an. Künftig werden jährlich 20 Bewerber ausgewählt, die sich für den Dienst an der Landbevölkerung verpflichten. Sie bekommen außerhalb des üblichen Bewerbungsverfahrens einen Studienplatz garantiert. Zusätzliche Studienplätze gibt es dafür jedoch nicht. Die 20 Landarzt-Plätze werden vielmehr vom normalen Kontingent abgezogen. 400 Studienplätze gibt es an den Unis Halle und Magdeburg.
Sozialministerin Grimm-Benne geht davon aus, dass die Neuregelung auch solche Bewerber anzieht, die es im bisherigen System gar nicht an die Uni schaffen. „Die Landarztquote eröffnet jungen Menschen, die Arzt werden wollen und ihre Zukunft in einer Hausarztpraxis sehen, auch ohne Einser-Abitur den Weg in ihren Traumberuf“, sagte sie der MZ.
Einser-Abi ist für künftige Landärzte nicht mehr Pflicht
Bei der regulären Studienplatzvergabe zählen vor allem die Abiturnote und die Wartezeit. Die Abi-Note zählt zwar auch für die Quoten-Studenten. Punkte sammeln können die Bewerber aber auch bei einem Studierfähigkeitstest. Außerdem müssen sie eine Berufstätigkeit in einem anderen medizinischen Beruf vorweisen oder wenigstens ein sechsmonatiges Praktikum. Wer etwa als Pfleger oder als Physiotherapeutin gearbeitet hat, hat damit bessere Chancen. Die Auswahl der jährlich 20 Studienanfänger übernimmt die Kassenärztliche Vereinigung im Auftrag des Landes.
Eine schnelle Abhilfe für den Ärztemangel ist die Quote nicht. Im Wintersemester 2020/2021 sollen die ersten Studienplätze vergeben werden. Bis zum Facharzt-Abschluss dauert es rund zwölf Jahre, also bis 2032. Zudem ist nicht sicher, dass alle Zugelassenen durchhalten. In persönlichen Härtefällen können Absolventen den Dienst auf dem Land auch noch verweigern, etwa wegen der Pflege von Angehörigen.
Viele Medizin-Studenten gehen in andere Bundesländer
Sachsen-Anhalt bildet im Verhältnis zur Bevölkerung überdurchschnittlich viele Ärzte aus. Die Mehrheit der Absolventen lässt sich jedoch anschließend in anderen Bundesländern nieder. Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) hatte deshalb ursprünglich gefordert, dass sich für die Landarztquote ausschließlich Landeskinder bewerben dürfen. Das ist jedoch rechtlich unzulässig.
(mz)