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Gesundheitsgefahr Giftiges Arsen in Büchern? Sachsen-Anhalts Bibliotheken überprüfen Bestände

Deutschlandweit sperren Bibliotheken ihre Bestände. Auch in Sachsen-Anhalt wird nun getestet, ob in den Bänden Gift enthalten ist. Teils ist die Nutzung untersagt und es gelten Auflagen.

Von Lisa Garn Aktualisiert: 02.04.2024, 11:26
Bücher aus dem 19. Jahrhundert können mit Arsen belastet sein. In vielen Bibliotheken wird nun getestet.
Bücher aus dem 19. Jahrhundert können mit Arsen belastet sein. In vielen Bibliotheken wird nun getestet. Foto: dpa

Halle (Saale)/MZ. - Immer mehr Bibliotheken sperren einen Teil ihres Bücherbestandes aus dem 19. Jahrhundert. Der Grund: Der Bestand wird auf eine mögliche Arsenbelastung geprüft. Nun plant auch die Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt „stichprobenbasierte Messungen“, um daraus nächste Schritte abzuleiten.

„Es wird derzeit ein Plan erarbeitet, mit welchen Methoden Stichproben gemacht werden, bei wie vielen Büchern das möglich sein wird und in welchem Zeithorizont“, sagt Manuela Bank-Zillmann, Sprecherin der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg.

Giftiges Arsen in Büchern: Bibliotheken in Sachsen-Anhalt wollen Bestände überprüfen

Hintergrund sind wissenschaftliche Erkenntnisse zu grünen Farbstoffen, die im 19. Jahrhundert verwendet wurden und Arsenverbindungen enthalten könnten. Arsen ist giftig und krebserregend. Vor allem das intensiv leuchtende „Schweinfurter Grün“ steht im Fokus, ein Pigment, das zur Färbung etwa von Einbänden oder Buchschnitten benutzt wurde. Ende Februar hatte die Universitätsbibliothek Bielefeld 60.000 Bücher gesperrt, andere Bibliotheken zogen nach. Zuletzt hatte auch mehrere Thüringer Bibliotheken angekündigt, ihre Bücher zu überprüfen.

In Sachsen-Anhalt gibt es keinen Überblick dazu, wie viele Bücher betroffen sein könnten. „Das Problem ist noch relativ neu“, sagte die Vize-Vorsitzende des Landesverbands Sachsen-Anhalt im Deutschen Bibliotheksverband (DBV), Cornelia Poenicke. „Ohnehin sind hier Einzelfallprüfungen und -entscheidungen erforderlich.“

Eine Kontamination der Atemluft konnte in Räumen verschiedener Bibliotheken bisher nicht festgestellt werden.

Katharina Vorwerk, Sprecherin der Otto-von-Guericke-Universität

Erste Untersuchungen hätten gezeigt, dass es keine höhere Belastung für Menschen in den Bibliotheken gebe, wenn die Bücher sachgerecht benutzt würden, hieß es vom DBV. Es liefen aber noch Untersuchungen in mehreren Häusern. Es sei unklar, wie hoch die Konzentration von Arsen sei.

Bibliotheken in Sachsen-Anhalt sehen keine Arsen-Gefahr

Die Universitätsbibliothek Magdeburg hat sich einen „Überblick über den potenziell betroffenen Bestand verschafft. Weitere Schritte prüfen wir derzeit“, sagt Katharina Vorwerk, Sprecherin der Otto-von-Guericke-Universität. Der Gesamtbestand umfasse knapp unter 500.000 Bände, 1,5 Prozent der Titel sind vor 1900 erschienen.

Die Universitäts- und Landesbibliothek (ULB) Sachsen-Anhalt sieht keine akute Gefährdung. „Bände, die potenziell Arsen-belastete Farben aufweisen können, befinden sich aus Gründen des Bestandsschutzes ausschließlich in den Magazinen.“ Sie seien nur nach Bestellung im Lesesaal einsehbar. „Eine Kontamination der Atemluft konnte in Räumen verschiedener Bibliotheken bisher nicht festgestellt werden.“

Arsenbelastung von Bibliotheks-Büchern schon länger bekannt

Im Umgang mit betroffenen Büchern kann es gefährlich werden, wenn beim Umblättern die Finger befeuchtet werden, arsenbelasteter Staub eingeatmet wird oder in die Augen gerät. Solange die Bücher im Regal stehen, gelten sie als unbedenklich.

Ein Großteil dieser alten Bücher steht in nicht-öffentlichen Bereichen oder muss extra zur Ansicht geordert werden. Manche Bibliotheken machen Vorschriften zur Nutzung: In der ULB beispielsweise müssen Handschuhe getragen werden, Leser werden zudem „über die entsprechenden Risiken“ informiert.

Dabei ist das Problem der Arsenbelastung seit Längerem bekannt, sagt der DBV. So ist 2020/2021 untersucht worden, wie mit Arsen belastete Bände erkannt und nutzbar gemacht werden können. Nötig sind spezielle Tests auf Arsen-Pigmente. Denn allein die Farbe sagt nichts über die Arsenbelastung aus.

Arsen: Zehn Prozent der Bücher könnten betroffen sein

In der Anhaltischen Landesbücherei in Dessau wurden Mitarbeiter kürzlich belehrt, sie sollen „besonders auf grüne Farbstoffe in Büchern mit grünen Einbänden, Buchschnitten, Titelschildern, Spiegeln oder Vorsatzblättern aus dem 19. Jahrhunderts achten“, erklärt Frank Kreißler, Leiter des Stadtarchivs. Diese sollen dann gekennzeichnet und teils mit einer Schutzhülle versehen werden.

„Diese Bestände werden für die Benutzung gesperrt, beziehungsweise nur unter bestimmten Auflagen im Lesesaal zugänglich gemacht.“ Insgesamt umfasst der Bestand rund der Anhaltischen Landesbücherei rund 115.000 Bände. Es wird damit gerechnet, dass zehn Prozent der Bücher aus dem 19. Jahrhundert mit Arsen belastet sein könnten. Das wären in Dessau 2.000 Bände. „Nach meinem bisherigen Kenntnisstand der Bestände dürften aber weit weniger Bände betroffen sein“, so Kreißler.

In der Reformationsgeschichtlichen Forschungsbibliothek in Wittenberg soll das Thema im Rahmen einer Gefährdungsbeurteilung behandelt werden. Rund 230.000 Bände umfasst die Sammlung, heißt es auf Nachfrage.