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Abschied der DDR-Lehrer Abschied der DDR-Lehrer in Sachsen-Anhalt: Fast 70 Prozent der Pädagogen sind älter als 50 Jahre

Von Hagen Eichler 19.02.2019, 10:33
In manchen Landkreisen in Sachsen-Anhalt sind drei Viertel aller Lehrer über 50.
In manchen Landkreisen in Sachsen-Anhalt sind drei Viertel aller Lehrer über 50. dpa

Halle (Saale) - Sachsen-Anhalt steht bei der Verjüngung seiner Lehrerzimmer vor einem Kraftakt. Innerhalb der nächsten 15 Jahre müssen mehr als zwei Drittel der jetzigen Lehrer ersetzt werden. Das ist eine Folge der ungesunden Altersverteilung im Schuldienst: Seit dem Ende der DDR 1990 wurden nur sehr wenige Lehrer eingestellt. Aktuell sind 68 Prozent der Pädagogen in allgemeinbildenden Schulen 50 Jahre alt oder älter.

In den Landkreisen Stendal und Anhalt-Bitterfeld (80 und 76 Prozent) ist die Altersverteilung besonders beunruhigend. Vergleichsweise gut sieht die Lage in Halle aus: Dort liegt der Anteil der Altersgruppe 50 plus bei 56 Prozent. Die Zahlen sind Teil einer Antwort des Landesbildungsministeriums auf Anfrage des AfD-Landtagsabgeordnete Marcus Spiegelberg.

Sachsen-Anhalt sucht knapp 900 neue Lehrer

Minister Marco Tullner (CDU) will mit erhöhten Einstellungszahlen gegenhalten. Am Montag kündigte er an, 800 Stellen für allgemeinbildende und 95 Stellen für berufsbildende Schulen auszuschreiben. „Wir starten die größte Ausschreibungsrunde aller Zeiten“, sagte Tullner. Bislang hatte das Landesschulamt an mehreren Terminen im Jahr Stellen angeboten. Jetzt sind alle im Haushalt finanzierten und absehbar zu besetzenden Stellen auf einen Schlag auf dem Markt.

Insgesamt will Tullner in diesem Jahr mehr als 1 000 Lehrer einstellen. Erreichen will er das durch eine weitere Ausschreibung im Herbst. Dabei werden zum einen unerwartet freiwerdende Stellen angeboten, etwa weil Lehrer gekündigt haben. Zusätzlich hofft Tullner auf Stellen, die im Haushalt des kommenden Jahres finanziert sind und vorzeitig ausgeschrieben werden sollen. Im vergangenen Jahr hat das Landesschulamt 1 050 Arbeitsverträge unterschrieben. „In diesem Jahr werden wir bei einer ähnlichen Größe landen“, sagte Tullner.

Das eigentliche Problem sei nicht die große Zahl der ausscheidenden Lehrer, sondern die Fächer-Orientierung der nachrückenden Generation, sagte er der MZ. „In der DDR-Schule haben die Naturwissenschaften eine große Rolle gespielt. Da bricht uns jetzt viel weg.“

In Fächern wie Mathematik, Physik, Chemie, Deutsch werden besonders viele Lehrer gebraucht

Bereits im vergangenen Jahr hatte eine Expertenkommission offengelegt, dass in Fächern wie Mathematik, Physik und Chemie, aber auch Deutsch und Französisch besonders viele Lehrer gebraucht werden. Das Interesse von Lehramtsstudenten gilt aber oft Fächern wie Sozialkunde, Geschichte oder Religion. Diese Diskrepanz zu beseitigen, sei Aufgabe von Wissenschaftsminister Armin Willingmann (SPD), sagte Tullner.

Die Lehrergewerkschaft GEW kritisiert die Personalpolitik des Landes als zu zögerlich. „Die Altersstruktur ist seit vielen Jahren absehbar. Das Land hätte ab dem Jahr 2000 handeln müssen“, sagte GEW-Landesvorsitzende Eva Gerth. Das Fehlen junger Mitarbeiter mache sich bitter bemerkbar. „Die älteren Kollegen haben viel mitgemacht. Ich verstehe, dass da mancher erschöpft ist.“

In dieser Woche will die GEW mit Warnstreiks eine bessere Bezahlung für Lehrer fordern. Am Mittwoch soll Unterricht in Halle, im Saalekreis, im Burgenlandkreis und in Mansfeld-Südharz ausfallen, am Donnerstag in Dessau-Roßlau, Wittenberg und Anhalt-Bitterfeld. „Ohne ordentliche Bezahlung gibt es auch nicht genügend Fachkräfte“, sagte GEW-Chefin Gerth.

Der AfD-Abgeordnete Spiegelberg sagte, der Lehrerberuf werde auch durch politische Vorgaben unattraktiv. Er fordert, Förderschulkinder und Migrantenkinder nicht mehr in Regelkassen zu schulen. (mz)