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AutobahnBau in DER Altmark A-14-Gegner im Wald bei Osterburg: Kreis Stendal kündigt erste Schritte gegen Besetzer an

Nun hat also auch die Einheitsgemeinde Osterburg eine „eigene“ Waldbesetzung. Vermummte Aktivisten campieren im Storbecker Wald. Kommunalpolitiker reagieren mit Unverständnis.

Von Karina Hoppe und Mike Kahnert 04.10.2021, 17:30
A-14-Gegner haben den Wald bei Storbeck (nahe Osterburg) besetzt. Sie bezeichnen sich als "Störenfried".
A-14-Gegner haben den Wald bei Storbeck (nahe Osterburg) besetzt. Sie bezeichnen sich als "Störenfried". Foto: Mike Kahnert

Osterburg - Stefan Brehmer, Ortsbürgermeister von Flessau, hätte auf diese Nachricht verzichten können. „Ich kürze die Sache ab, so etwas müsste verboten werden“, sagte Brehmer am Montag (4. Oktober). Mit „so etwas“ meint er die Tatsache, dass es im zu Flessau gehörenden Storbecker Wald nun auch ein Protestcamp gegen den A-14-Bau gibt. Die Anzahl der Aktivisten ist noch überschaubar. Am Sonnabend waren es vier Personen. Sie wollen anonym bleiben. Keine Gesichter, keine Namen, nicht einmal ihr Geschlecht wollen sie preisgeben. „Wir sind alles Menschen“, sagten sie der Volksstimme.

Den Besetzern zufolge nütze die A14 nur Logistikzentren und der Bundeswehr etwas. Altmärker würden von der Autobahn nicht profitieren – beispielsweise beim Thema Arbeitsplätze. „Regionen, die mit einer Autobahn angebunden sind, holen sich noch billigere Arbeitskräfte von noch weiter weg“, sagte eine Person. Die Waldbesetzer sind auf Gegenwind eingestellt. Ihren Nachrichten auf Twitter zufolge hätten sie am Sonntag bereits „unfreundlichen“ Besuch gehabt. „Wenn Leute uns anpöbeln, pöbeln wir zurück. Wir lassen uns nicht wegekeln.“

Im Landkreis Stendal gibt es im Wald bei Osterburg nun schon ein zweites Protestcamp gegen die A14.
Im Landkreis Stendal gibt es im Wald bei Osterburg nun schon ein zweites Protestcamp gegen die A14.
Grafik: prePress Media Mitteldeutschland GmbH

Waldbesetzer bei Osterburg: Bürgermeister spricht von Dreistigkeit

Nico Schulz (Freie Wähler), Bürgermeister der Einheitsgemeinde Osterburg, war auch schon im Wald. Er habe sich erkundigt, ob die Aktivisten den Eigentümer gefragt haben, ob sie dort ein Camp errichten dürfen. „Sie meinten, das brauchen sie nicht, es handele sich um eine Versammlung, die vom Demonstrationsrecht geschützt ist.“ Davon ist angesichts des Entscheids des Oberverwaltungsgerichts zur Waldbesetzung von Losse auch auszugehen. „Deswegen können wir gar nicht sagen, dass sie rechtswidrig da sind“, sagt Schulz, der keinen Hehl daraus macht, dass er diese Einschätzung nicht nachvollziehen kann. „Es ist für mich eine unerhörte Dreistigkeit, einfach Privateigentum zu besetzen.“ Die Debatte um den „Störenfried“ werde aber sicher nicht so groß gefahren wie im Falle von Losse. Erstens ist es die zweite Besetzung, zweitens ist kein Wahlkampf mehr.

Mehrere Aktivisten haben im Wald bei Storbeck ein neues Protestcamp gegen den Ausbau der A14 eingerichtet. Video: Mike Kahnert

Schulz’ Seehäuser Amtskollege Rüdiger Kloth (Freie Wähler), spricht von einem „regelrechten Hilferuf“, den die Aktivisten nach Aufbau ihres Camps gesendet hätten. Es möge sie doch jemand beachten, „von mir bekommen sie keine Aufmerksamkeit mehr“, so Kloth. Dieser Protest habe nichts damit zu tun, die Welt zu retten.

Kreis Stendal: Wenn gebaut wird, zieht die Versammlung um

„Falls es wirklich nur um Krawall geht“, hält auch das Osterburger Stadtratsmitglied David Elsholz (Die Grünen) die Protestform nicht für die richtige, wenngleich er „zivilen Ungehorsam“ grundsätzlich als adäquates Protestmittel ansieht. Elsholz sei auch kein Freund der A14, „aber wer protestiert, muss gesprächsbereit sein, man kann sich da nicht nur radikal und autonom bewegen. Aber warten wir es erstmal ab“.

Vor dem Protestcamp im Wald bei Storbeck im Landkreis Stendal wurde eine Barrikade aufgebaut.
Vor dem Protestcamp im Wald bei Storbeck im Landkreis Stendal wurde eine Barrikade aufgebaut.
Foto: Mike Kahnert

Als Versammlungsbehörde ist nun der Landkreis am Zuge. Laut Sprecherin Angela Vogel hat die Behörde das neue Camp am Montag besucht und erste Kontakte aufgenommen. „Im Rahmen des Verwaltungshandelns wird auch hier das Versammlungsrecht in Form einer Verfügung zum Tragen kommen.“ Aktuell mache es keinen Unterschied, dass für das neue Camp „Störenfried“ im Gegensatz zum Losser Forst bereits Baurecht besteht. „Bei Beginn der Baumaßnahmen wird die Versammlung vermutlich den Standort wechseln müssen“, so Angela Vogel.

Wann das sein könnte, ist unbestimmt. Laut Auskunft von Tino Möhring, Sprecher der Autobahn GmbH des Bundes, Niederlassung Ost, laufen in den beiden Autobahnabschnitten Lüderitz bis Stendal-Mitte und Stendal-Mitte bis Osterburg derzeit bauvorbereitende Maßnahmen wie Kampfmittelberäumung und archäologische Arbeiten, in letzterem Abschnitt außerdem noch ein Flurbereinigungsverfahren.

Die Aktivisten haben eine Sperre auf einem Waldweg errichtet. Video: Mike Kahnert

Allgemeinverfügung: Termin für A-14-Gegner bei Losse steht

Zwischen Lüderitz und Stendal soll ab 2022 gebaut werden, für die Strecke weiter nach Osterburg „können wir aufgrund des aktuell noch frühen Stands der Bauvorbereitungen keine Details verkünden“.

Indes gibt’s Neuigkeiten vom Landkreis Stendal, was die Allgemeinverfügung für die Losser Waldbesetzung betrifft. Sie wird am Mittwoch veröffentlicht: „Rechtsmittel können von Seiten der Besetzer eingelegt werden. Danach wird begonnen, die erteilten Auflagen durchzusetzen.“ Ob dies im Falle eines Verstoßes gleich die Räumung bedeutet, werde im Einzelfall entschieden.

Waldbesetzer in der Altmark: Was bisher geschah

Das erste Protestcamp der A-14-Gegner befindet sich seit dem 23. April 2021 im Wald bei Losse (Seehausen).

Der Landkreis Stendal hat den Waldbesetzern bei Seehausen Anfang Mai eine erste 5-Tage-Frist gesetzt, um ihr Camp zu räumen.

Am 18. Juni trat eine Allgemeinverfügung des Landkreises Stendal gegen die A-14-Gegner in Kraft. Eine Räumung des Camps im Losser Forst stand kurz bevor.

Die Umweltaktivisten haben gegen die Allgemeinverfügung geklagt. Zunächst hat das Verwaltungsgericht, dann das Oberverwaltungsgericht Magdeburg die Räumung des Camps untersagt. Die Protestanten befinden sich unter dem Schutz der Versammlungsfreiheit.

Mit der Besetzung des Waldes bei Storbeck (nahe Osterburg) befindet sich seit dem 24. September ein zweites Protestcamp in der Altmark. Auf dem betroffenen A-14-Abschnitt wird seit dem 9. September gebaut.

Mehr zum Ausbau der A14 im Landkreis Stendal und den Protesten dagegen, lesen Sie auf unserer Themenseite.