Sachsen-Anhalt Sachsen-Anhalt: Unterrichts-Beginn an ersten Gemeinschaftsschulen

Magdeburg/MZ - Am Donnerstag beginnt für 235?600 Kinder und Jugendliche in Sachsen-Anhalt das neue Schuljahr. Es ist auch eine historische Stunde: Mit der Gemeinschaftsschule feiert eine neue Schulform Premiere. 13 der 250 Sekundarschulen und Gymnasien haben sich zum neuen Schuljahr in eine Gemeinschaftsschule umgewandelt.
Während der Direktor des Landesschulamtes, Torsten Klieme, die neue Form als Bereicherung des Bildungssystems preist, gibt es an der Neuerung auch ungebrochen Kritik. Jürgen Mannke, Vorsitzender des Philologenverbandes, nennt die Gemeinschaftsschule „Mogelpackung, die nichts wesentlich Neues bietet“. Auch CDU-Bildungsexperte Hardy Peter Güssau geht auf Distanz zum neuen Modell.
Die Gemeinschaftsschule leiste „einen Beitrag zu mehr Bildungsgerechtigkeit“, sagte hingegen Schulamtsdirektor Klieme im Interview mit der MZ. Er betonte die Vorteile vor dem Hintergrund sinkender Schülerzahlen ab 2024 vor allem im ländlichen Raum. „Die Gemeinschaftsschulen können ein Angebot in erreichbarer Nähe aufrecht erhalten, das schon mit zwei Klassen pro Jahrgang funktioniert und alle allgemeinbildenden Abschlüsse bietet“, sagte Klieme. Er sieht auch inhaltliche Vorteile. Beim „selbst organisierten Lernen“ würden Schüler eigene Themen erarbeiten und Lehrer nur gezielt eingreifen, wo Probleme auftauchen.
Von solchen Ansätzen hält Mannke, der auch Gymnasiallehrer ist, nichts. „Der Lehrer hat eine Führungsfunktion und kann nicht nur Unterrichtsbegleiter sein. Er muss den Kindern mit didaktischen Mitteln den richtigen Weg beim Lernen weisen.“ Das könnten die Schüler nicht selbst leisten, dafür sei die pädagogische Ausbildung wichtig. Für Mannke wird mit der neuen Form auch nur „das Schild an Sekundarschulen gewechselt“. Die Gemeinschaftsschulen sollen unter anderem mit Gymnasien kooperieren, um Schülern das Abitur zu ermöglichen. „Schon jetzt können Sekundarschüler mit dem erweiterten Realschulabschluss auf das Gymnasium wechseln“, so Mannke. Alternativ sollen die Gemeinschaftsschulen auch eigene gymnasiale Oberstufen bilden können. Das hält Mannke nicht für praktikabel, weil die bisherigen Sekundarschulen meist nur 200 bis 300 Schüler hätten. „Wie sollen die 50 Schüler pro Jahrgang für die Oberstufe zusammen bekommen?“
„Ich kann in dieser Variante keine Vorteile erkennen“, sagte auch CDU-Bildungsexperte Güssau, der als Lehrer gearbeitet hat. „Ich kann auch verstehen, dass es im Land keine große Begeisterung für die Gemeinschaftsschule gibt.“ Die CDU trage die Neuerung nur auf Drängen des Koalitionspartners mit. „Die SPD hat darauf beharrt.“ Die Gemeinschaftsschule sei bundesweit das Lieblingsmodell der SPD. Also habe Sachsen-Anhalt das jetzt auch machen müssen, sagte Güssau der MZ.