1. MZ.de
  2. >
  3. Mitteldeutschland
  4. >
  5. Sachsen-Anhalt im Internet: Sachsen-Anhalt im Internet: Landeswappen ziert geplantes Sex-Portal

Sachsen-Anhalt im Internet Sachsen-Anhalt im Internet: Landeswappen ziert geplantes Sex-Portal

Von Harald Kreibich 25.06.2001, 17:03

Magdeburg/MZ. - "Eine gute Vorbereitungist der halbe Erfolg", sagt Dietlinde Stübner.Nach einem Existenzgründer-Kurs hat sichdie diplomierte Pflanzenzüchterin vor vierJahren selbstständig gemacht. Heute betreibtdie 47-Jährige in Wahlitz bei Magdeburg einenflorierenden kleinen Versandservice mit Artikelnfür Linkshänder.

Mit der Adresse www.lefthand.de hat DietlindeStübner ihr virtuelles Geschäft 1997 gegründet.Damit potenzielle Kunden tatsächlich in ihremOnline-Shop ankommen, hat sie sich längstweitere Domain-Namen reserviert. "Es wäreja schließlich ärgerlich", meint die Unternehmerin,"wenn die Leute unter einer ähnlich klingendenAdresse ein ganz anderes Angebot finden."

Über diese Möglichkeit hat bei der Landesregierunganscheinend niemand nachgedacht, obwohl MinisterpräsidentReinhard Höppner (SPD) erst zu Jahresbeginnmit einer Regierungserklärung den Start desLandes in die "Win-Gesellschaft" verkündethat. Zwar wurde eine Website eingerichtet,die aber ist im Datennetz nur unter www.sachsen-anhalt.deerreichbar.

Sachsen-Anhalt ist kein Einzelfall. Auch dieSachsen waren nicht viel cleverer. Zwar erreichtder Internet-Nutzer mit den Domain-Endungende und com die Seiten des Freistaates. Beiwww.sachsen.org oder www.sachsen.net jedoch landeter bei anderen Internet-Angeboten. Auch www.thueringen.comführt nicht etwa in den ostdeutschen Südwestzipfel,sondern zum Bundesverband der mittelständischenWirtschaft.

Bei den Anbietern von Internet-Seiten gibtes noch immer ein deutliches West-Ost-Gefälle.Nach Auskunft der Denic - der deutschen Registrierungsstellefür die begehrten de-Domains - entfallen imBundesdurchschnitt auf 1000 Einwohner 43Web-Adressen, in den neuen Ländern sind esnicht einmal halb so viele. Die "Domain-Hochburgen"sind Berlin, München, Hamburg und Köln.

Wer am falschen Ende spart, braucht auf denSchaden nicht lange zu warten. Die Nachlässigkeitder Magdeburger Regierungs-Webmaster hat unangenehmeFolgen. Die Adresse www.sachsen-anhalt.comhat sich mittlerweile ein Privatmann aus Hallereserviert, um einen Informationsdienst derhorizontalen Art zu betreiben: Er will eineÜbersicht über das Rotlicht-Milieu im Landanbieten, aus der Besucher erfahren, wo schummrigeBars, Swinger-Clubs, Bordelle, sowie hilfsbereiteDamen zu finden sind. Bislang existiert allerdingsnur das virtuelle Fundament, die Inhalte fehlen.

Der stellvertretende Regierungssprecher TheoStruhkamp kennt das Problem. "Wir bemühenuns, die Sache zu lösen", sagt er. Es seibei der Reservierung von Domain-Namen zu Versäumnissengekommen, gibt er kleinlaut zu. Wie die Sacheaus der Welt geschafft werden soll, lässtStruhkamp allerdings offen. Nach Informationender MZ will der Betreiber des "Sex-Portals",dass ihm das Land die Adresse sachsen-anhalt.comabkauft - als Entschädigung für seine bisherigenInvestitionen. Struhkamp winkt ab: "Ich sehedafür keinen Grund, denn es gibt ja gar keineInhalte auf dieser Seite."

Ob das Tauziehen um sachsen-anhalt.com auchvor dem Richter endet, ist noch nicht abzusehen."Wir sind bestrebt, diese Sache so zu regeln",sagt Vize-Regierungssprecher Struhkamp. Vorerstbleibt es also auf der Sex-Seite bei dem mitLandeswappen dekorierten Hinweis: "Dies istkein Angebot des Bundeslandes Sachsen-Anhalt!Besucher unter 18 Jahren sollten diese Websiteverlassen!"