Weg mit den Straßenbaubeiträgen? Weg mit den Straßenbaubeiträgen?: Warum Widerspruch aus Merseburg kommt

Merseburg - Straßenausbaubeiträge können ein sehr emotionales Thema sein. Unter Tränen erklärte etwa die Merseburger CDU-Stadträtin Gisa-Christel Bradler in einer Ratssitzung im Februar, dass sie einem Antrag ihrer Fraktion zur Überarbeitung der entsprechenden Beitragssatzung nicht zustimmen könne. Mit Blick auf den Ortsteil Kötzschen, in dem aktuell noch viele Straßen unbefestigt sind, ein Zustand der sich in den kommenden Jahren ändern soll, erklärte sie: „Dort leben viele ältere Menschen, die nicht so viel Geld haben.“
Die teils hohen Belastungen für Grundstückseigentümer sind ein wiederkehrender Kritikpunkt an der Praxis, die Bürger vor allem beim Bau von Nebenstraßen in die finanzielle Pflicht zu nehmen. In Merseburg müssen sie derzeit etwa 61 Prozent der Ausbaukosten selbst schultern. Die Erhebung solcher Beiträge ist in Sachsen-Anhalt obligatorisch – bis jetzt. Denn nach dem sich die Oppositionsparteien, die Linke und die AfD, bereits für eine Abschaffung positioniert hatten, zog in dieser Woche mit der SPD auch eine Regierungspartei nach. Die Fraktion habe einen Grundsatzbeschluss gefasst, die Straßenausbaubeiträge abzuschaffen, erklärte Fraktionschefin Katja Pähle, nur das Wie sei noch offen.
Bürgermeister Bellay Gatzlaff: „Ich bin dagegen, so lange kein adäquater oder besserer Ersatz geschaffen wird“
Ein Ansinnen, dass nicht nur die Koalitionspartner kritisch sehen, sondern auch Merseburgs für Finanzen zuständiger Bürgermeister Bellay Gatzlaff: „Ich bin dagegen, so lange kein adäquater oder besserer Ersatz geschaffen wird“, sagt er mit Verweis auf die dann wegfallenden Einnahmen. Er bezweifelt, dass wie von Pähle in Aussicht gestellt, das Land in die Bresche springen wird: „Das Land gibt es schon jetzt zu wenig und wird auch in Zukunft nicht mehr geben.“ Gatzlaff fürchtet deshalb, dass eine Abschaffung der Ausbaubeiträge bedeuten würde, dass weniger Straßen gemacht würden.
Auch für Kay-Uwe Böttcher (CDU), Bürgermeister des Weida-Landes, ist die Frage, wie die wegfallenden Einnahmen kompensiert werden können, eine zentrale. Aber es gehe hier nicht um Unsummen, fügt er an. Er stehe einer Abschaffung „sehr, sehr aufgeschlossen gegenüber“: „Das wäre eine klare Ansage für Leute auf dem flachen Land.“ Er würde durch einen solchen Schritt auch keine Einschnitte beim Straßenbau erwarten.
Bürgermeister des Weida-Landes: „Wir würden uns dann viel Arbeit und Ärger ersparen“
Böttcher ist nicht der einzige Unionspolitiker, der der ablehnenden Haltung der eigenen Landespolitik widerspricht: „Wir würden uns dann viel Arbeit und Ärger ersparen“, begrüßt Bad Lauchstädts Bürgermeister Christian Runkel die Idee. Die Goethestadt ist ein gebranntes Kind, lag etwa jahrelang mit Anwohner der sanierten Straßen Strohhof und Badeschlippe im Rechtsstreit über die Frage, ob die Baumaßnahmen dort Ausbau oder Erschließung gewesen seien. Derzeit hat die Stadt noch über ein halbe Million Euro offene Forderungen an Anwohner, weil sie mit der Abrechnung lange Zeit nicht nachkam.
Aktuell würden sich in seiner Verwaltung anderthalb Mitarbeiterstellen mit den Ausbaubeiträgen beschäftigen, sagt Runkel: „Deren Arbeitskraft wäre dann frei.“ Auch er verweist auf die Notwendigkeit, dass eine Abschaffung gegenfinanziert wird. Schließlich plane man bei Straßenbauprojekten derzeit mit einem Bürgeranteil von 50 Prozent. Doch der stellvertretende Kreisparteichef ist überzeugt: „Die CDU wird sich dem nicht verschließen.“ (mz)