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Von den Sowjets beseitigt Von den Sowjets beseitigt: Warum Leunas einstiges Mega-Stadion nur noch Geschichte ist

Von Michael Bertram 27.10.2018, 06:00
Das Leunaer Stadion an der Spergauer Straße wirkte gigantisch groß, dabei bot es auf der Tribüne aber nur 5.000 Zuschauern Platz.
Das Leunaer Stadion an der Spergauer Straße wirkte gigantisch groß, dabei bot es auf der Tribüne aber nur 5.000 Zuschauern Platz. Landesarchiv

Leuna - Als „Stadion der 100.000“ ging das Zentralstadion in Leipzig nach seinem Bau Mitte der 50er Jahre in die Geschichte ein. Die Bezeichnung nahm Bezug auf die enorme Zahl an Plätzen, die die Sportarena bot. Sie war gar so groß, dass das heutige Stadion, das zur Fußball-WM 2006 neu errichtet wurde, in die Wälle des Zentralstadions hineingebaut werden konnte.

Doch nicht nur in Leipzig wurde dem Sport ein Denkmal gesetzt. Schon weit früher, in den 20er Jahren, entstand auch in Leuna ein gewaltiges Stadion. Bis zum Bau des Zentralstadions in Leipzig soll es flächenmäßig sogar das größte weit und breit gewesen sein, wie Ralf Schade, Leiter des Leunaer Stadtarchivs, erzählt. „Das Stadion an der Spergauer Straße wurde auf einer alten Kiesgrube errichtet, die ein Volumen von 100.000 Kubikmetern hatte“, berichtet der Historiker.

Neues Zuhause für den TSV: Stadionbau war alles andere als einfach

Schauplatz des Stadionbaus war der östliche Eingang zur Spergauer Straße, dem heutigen Verwaltungsstandort der Firma Linde. Dort, so hatten es die Leuna-Werke entschieden, sollte eine neue Sportstätte für den örtlichen TSV errichtet werden. Der Verein, heute der größte im Saalekreis, hatte zwar bereits einen Platz etwas weiter südlicher. An dessen Stelle sollte jedoch das Kulturhaus entstehen, das heute noch existiert.

Das Bauvorhaben war alles andere als einfach, weiß Ralf Schade aus den historischen Dokumenten. Die Sohle der Kiesgrube sei ein Tümpel gewesen, so dass zunächst ein Entwässerungssystem installiert werden musste. In mehreren Schritten entstand das Stadion bis 1928. In diesem Jahr hätte es also sein 90-jähriges Jubiläum gefeiert.

Trotz gigantischen Ausmaßen: Leunas Stadion konnte nur 5.000 Zuschauer fassen

Schon die Fertigstellung des ersten Bauabschnitts im Jahr 1925, damals gab es laut Archiv nur eine große Wiese, wurde aber groß gefeiert. Ein Gauturnfest wurde abgehalten. Am Ende verfügte das Stadion nicht nur über ein 100 mal 70 Meter großes Spielfeld, sondern auch über einen Platz für Feldhandball sowie Tennisplätze. Die Kabinen waren unterirdisch untergebracht.

Einzig die Zuschauerkapazität konnte mit der Größe der Wettkampfstätte nicht mithalten: „Nur rund 5.000 Zuschauer konnte das Stadion fassen“, erklärt Stadtarchivar Ralf Schade.

Der Zweite Weltkrieg bedeutete das Ende für das Stadion

Im Zuge der Zentralisierung des Sports diente das Stadion in der Nazi-Zeit nicht nur allen Abteilungen des Sports sowie Schülern gleichermaßen. Großereignisse fanden stand. Wie in der Literatur zu lesen ist, sollte das Stadion zur „Werkstatt für den Endsieg“ werden. Auch gesellschaftliche Großereignisse wie Aufmärsche fanden darin statt.

Im Zuge der Luftangriffe wurde das Stadion ab dem Jahr 1944 schwer in Mitleidenschaft gezogen. Viele Bomben hatten es getroffen. Nach dem Krieg stand der Wiederaufbau von Wohnungen im Vordergrund, nicht der Sport. Viele Athleten waren zudem in Gefangenschaft oder im Krieg gefallen.

Darüber hinaus wurde der Sport von den die Alliierten stark beschnitten. Nachdem beim IG-Farben-Prozess in Nürnberg auch noch zwei TSV-Mitglieder zu Freiheitsstrafen verurteilt wurden, kam für das Leunaer Stadion dann das endgültige Aus. „Für den sowjetischen Generaldirektor der Leuna-Werke war klar, dass sich der Schlag gegen den TSV richten musste“, sagt Archivar Schade. „Er verfügte die Verfüllung des gesamten Areals mit Schutt.“ (mz)

Stadtarchivar Ralf Schade
Stadtarchivar Ralf Schade
Peter Wölk
Am Ort, wo das Stadion errichtet wurde, gab es zuvor eine Kiesgrube.
Am Ort, wo das Stadion errichtet wurde, gab es zuvor eine Kiesgrube.
Landesarchiv