Unwetter in Mücheln und Merseburg Unwetter in Mücheln und Merseburg: Der Geiseltalsee als Wettermacher?

Mücheln - 25. Mai: Im südlichen Saalekreis haben heftige Gewitter mit Starkregen vor allem über dem Geiseltal getobt. In Mücheln konnte die Kanalisation die Wassermassen nicht aufnehmen. In der Breitscheidstraße drückte das Wasser einen Kanaldeckel hoch. Der Lutherplatz war überflutet, weil die Geisel nicht ablaufen konnte und über die Ufer trat. Auch der Kreisel stand wieder einmal unter Wasser. Aus Merseburg wurden keine Schäden gemeldet.
Wetter wird extremer
Kein Einzelfall. Auch 2015 waren Mücheln und Braunsbedra viel stärker von Unwettern betroffen als die Kreisstadt. „Die Extreme nehmen zu“, sagt Müchelns ehemaliger Bürgermeister Udo Wurzel, der heute im Ruhestand ist und eine kleine Landwirtschaft betreibt. „Entweder es regnet fast gar nicht oder die Unwetter erwischen uns richtig. Das Wetter hat sich von meinem Gefühl her verändert.“
Ist der Geiseltalsee schuld?
Das liege am Geiseltalsee, wird immer wieder als Ursache dieses Phänomens spekuliert. Doch stimmt das? Nein, sagen Experten auf Nachfrage der MZ. „Der Geiseltalsee kann solche klimatischen Veränderungen nicht schaffen. Dafür ist er trotz seiner Größe zu klein“, meint Diplom-Meteorologe Ralph Oestreicher. Der Zeitzer hatte bereits Mitte der 90er Jahre im Auftrag des Bergbausanierers LMBV die klimatischen Änderungen durch die künftige Wasserfläche berechnet und verfolgt bis heute interessiert die Wetteraufzeichnungen vor Ort.
Gewitter entstehen chaotisch
Natürlich sei die Verdunstung größer, und es gelange mehr Wasser in die Atmosphäre. Doch bis sich deshalb Wolken bilden würden und es zu Niederschlägen komme, seien diese Luftmassen viele Kilometer weit vom See entfernt. Was sich tatsächlich verändert habe, sei eine steigende Zahl an Nebeltagen und eine sich übers Jahr angleichende Temperatur.
Das deckt sich mit der Aussage von Andreas Friedrich vom Deutschen Wetterdienst in Offenbach. Generell sei der Ort, wo sich Gewitter entladen, oftmals Zufall, erklärt er. „Gewitter entstehen chaotisch.“ Ein See sei immer ein Feuchtigkeits-Reservoir, habe aber auf die Bildung von Gewittern keine gravierenden Auswirkungen.
Allerdings könne es durch eine große Wasserfläche zur Verstärkung von Regenfällen kommen, gibt der Fachmann zu. „An einem See gibt es Aufwinde. Wenn ein Gewitter darüberzieht, saugt es noch mehr Feuchtigkeit auf.“ - Das würde natürlich im Zweifelsfall für stärkeren Regen in Merseburg als in Mücheln sorgen, da unser regionales Wetter meist von Westen her kommt.
Wetterscheide zwischen Merseburg und Mücheln
„Veränderungen des Wetters stehen letztlich in Zusammenhang mit dem globalen Klimawandel“, sagt Ralph Oestreicher. Eine Aussage, die auch der Geiseltaler Spargel- und Erdbeerbauer Ingo Hindorf so unterstreichen würde. Für ihn und seine Branche hat das vor allem negative Folgen. Er beklagt konkret die zunehmende Trockenheit vor allem im Frühjahr in den vergangenen Jahren.
Einen weiteren Gesichtspunkt bringt Reinhard Hirsch ins Gespräch. Der Merseburger hat nicht nur jahrelang in Mücheln gearbeitet, sondern als Vorsitzender des Interessen- und Fördervereins „Geiseltalsee“ auch seit 1990 die Sanierung und Flutung des Braunkohletagebaus und heutigen Geiseltalsees hautnah begleitet. Er sagt, es habe schon immer zwischen Merseburg und Mücheln bei Frankleben eine Wetterscheide gegeben. (mz)