Tischtennis Tischtennis: Von Harry Potter entzaubert

Merseburg/MZ - Es war alles angerichtet an diesem späten Dienstagabend. Der Sekt stand kalt, das Abendessen war vorbereitet. Nach dem Spiel wollten sie alle gemeinsam feiern. Die einen den Sieg der deutschen Nationalmannschaft gegen Frankreich, die anderen den Geburtstag von Klaus Ködel. Der Geschäftsführer des TSV Merseburg und Organisator des Spektakels in der Rischmühlenhalle wurde just an dem Tag 66 Jahre alt, als für seinen Verein der Höhepunkt des Jahres ins Haus stand.
Auf seinen Geburtstag haben sie beim gemeinsamen Abendessen dann auch alle angestoßen. Spieler, Trainer, Verantwortliche und ehrenamtliche Helfer. Auf den Sieg der Deutschen allerdings nicht. Denn die erlebten gegen eine junge, spielstarke französische Mannschaft ihr blaues Wunder. Mit 1:3 ging die Partie verloren, Deutschland verpasste damit die direkte Qualifikation für das Viertelfinale der EM. Auch weil Bundestrainer Jörg Roßkopf auf seine beiden Stars, Timo Boll und Dimitri Ovtcharov, verzichten musste.
"Das war allererste Güte"
Auf französischer Seite war für den Sieg einer maßgeblich beteiligt: Adrien Mattenet, den sie in Fachkreisen den „Harry Potter des Tischtennissports“ nennen. Warum, das dürfte nun auch den Merseburgern seit Dienstag bekannt sein. Denn Mattenet sieht Potter nicht nur recht ähnlich. Wer ihn beim Spielen beobachtet, könnte zuweilen denken, dass dort auch irgendwie Zauberei im Spiel ist. Wie er seinen Gegnern die Bälle um die Ohren haut, sich in jeden Ballwechsel hechtet und natürlich die unnachahmliche Art zu jubeln. Dinge, die auch die Zuschauer in der fast ausverkauften Halle sowie Ködel beeindruckten: „Das war allererste Güte“, bescheinigte er dem 25-Jährigen. Allein, dass solche hochkarätigen Tischtennis-Spieler nach Merseburg kämen, sei die Mühen wert gewesen.
Mit 14 Mann haben sie zwei Tage gebraucht, um die Rischmühlenhalle auf Vordermann zu bringen. „Länderspiel ist Länderspiel, das bedeutet ungleich mehr Aufwand als sonst“, sagte Ködel. Merseburg sei für den deutschen Tischtennis-Bund inzwischen eine feste Größe, immerhin habe er sich nun schon zum vierten Mal dafür entschieden, ein Länderspiel hier auszurichten. Und ein so wichtiges noch dazu. Ködel: „Die wissen, was sie an uns haben und dass wir sie nicht enttäuschen.“ Unter anderem auch, dass es nun schon Usus sei, dass alle gemeinsam essen gehen.
Doch die große Sause fiel dieses Mal zumindest teilweise ins Wasser. „Kurz nach Spielende waren die Minen schon noch etwas verzerrt, aber beim Abendessen ging es schon wieder“, sagt Ködel. Auch Bundestrainer Jörg Roßkopf sieht die Niederlage in Merseburg nicht unbedingt als den Weltuntergang an. „Für uns ist es kein Beinbruch, dass wir bei der EM in der Runde der letzten 16 anfangen“, sagte er trotzig.
Vielleicht wird es beim nächsten Mal besser. Dann, wenn Roßkopf auch seine beiden Topstars mitbringt. Klaus Ködel wartet schon. Und ein Abendessen zum gemeinsamen Feiern wird er bestimmt auch wieder organisieren.