Vom Aussterben bedroht Telefonzellen im Saalekreis: Warum die gelben Kästen in einem Wald ihre letzte Ruhe finden

Merseburg - Nahezu unbemerkt haben sie sich aus dem Staub gemacht: die Telefonzellen, die noch vor wenigen Jahren alle paar hundert Meter auch in den Städten im Saalekreis zu finden waren. Egal, wohin man auch schaut. Nirgends ist heute noch eines der gelben oder pinkfarbenen Fernsprechhäuschen der Deutschen Telekom zu finden. Die Zellen wurden von dem Konzern durch ein sogenanntes Basistelefon ersetzt.
Telefonzellen im Saalekreis verschwunden
Wie viele Telefonzellen im Saalekreis es noch gibt oder überhaupt einst standen, kann die Deutsche Telekom selbst nicht so genau sagen. Eine solche Statistik gebe es nicht, sagt Pressesprecher Georg von Wagner. Und auch im Internet ist ein Verzeichnis, wie es etwa die Post für ihre Briefkästen bietet, nicht verfügbar. Fest steht, dass sich der Unterhalt der Zellen nicht mehr lohnt und deshalb fast alle verschwunden sind.
„Die Telekom darf Städte und Gemeinden wegen eines Abbaus ansprechen, wenn auf deren Gebiet extrem unwirtschaftliche öffentliche Fernsprecher stehen“, erklärt der Telekomsprecher. Welche Telefone als unrentabel gelten, ist klar definiert. 50 Euro Umsatz pro Monat müssen sie schon in die Kassen der Telekom spülen. „Der Unterhalt einer Telefonzelle kostet Geld, etwa für Strom, Standortmiete und Wartung“, erklärt von Wagner die einfache Kosten-Nutzen-Rechnung.
Nachfrage nach Telefonzellen nicht mehr vorhanden
Dass so viele Telefonzellen verschwunden sind, ist ein klarer Hinweis darauf, dass die Nachfrage nach den Apparaten schlichtweg nicht mehr vorhanden ist: „Der Kunde ist der Architekt des Telefonzellen-Netzes“, stellt der Telekom-Sprecher klar. Und der telefoniere heutzutage eben lieber mit dem eigenen Handy.
Statistisch gesehen verfügt jeder Deutsche über mindestens eines der handlichen Geräte. Mit dem Siegeszug der immer leistungsfähigeren Mobiltelefone haben auch im Saalekreis die Telefonzellen an Bedeutung verloren.
Letzte Ruhe: Warum Merseburgs ausrangierte Telefonzellen stehen in einem Wald stehen
Was die Telekom sagen kann, ist, dass es bundesweit noch rund 30.000 Telefonzellen gab. Vor allem natürlich an Orten mit einer wahrscheinlich hohen Nutzung wie Bahnhöfen oder Flughäfen. „2010 wurden rund 120 Millionen Gespräche von öffentlichen Telefonstellen geführt“, berichtet von Wagner. „1999 waren es zum Vergleich noch eine Milliarde.“
Will eine Stadt nicht auf einen öffentlichen Fernsprecher verzichten, kann sie mit der Telekom über ein günstigeres Basistelefon verhandeln. Solche sind heute etwa in Merseburg an der Post oder in Mücheln zu finden. Dabei handelt es sich um ein einfaches Telefon ohne schützende Zelle drumherum. Grundsätzlich braucht die Telekom vorm Abbau das Okay der betroffenen Kommune.
Verbliebene Telefonstandorte dienen als Hotspots für kabelloses Internet
Die verbliebenen Telefonstandorte gehen inzwischen aber auch mit der Zeit - sie dienen als Hotspots für kabelloses Surfen im Internet. Bundesweit sind laut Deutscher Telekom bereits 2.000 Standorte dafür ausgelegt.
Ihren Ruhestand verbringen die ausrangierten Telefonzellen übrigens in einem Waldstücks an der A 9 bei Michendorf in Brandenburg. Manch einer der überflüssig gewordenen Fernsprecher hat aber auch bereits ein neues Zuhause gefunden, denn die Telefonzellen stehen zum Verkauf. Preise und Konditionen können bei der Telekom erfragt werden. 450 Euro soll eine Zelle aber wohl kosten. (mz)

