Stadtfest Mücheln Stadtfest Mücheln: Auf Pilgerzug durch die Stadt

Mücheln - Fanfarenklänge hallen durch Mücheln und ein scheinbar niemals enden wollender Tross in historischen Gewändern zieht durch die Straßen des Ortes, um das 666-jährige Stadtrecht in Kombination mit dem 24. Stadt- und Jakobusfest zu feiern. Selbst Ministerpräsident Reiner Haseloff ist gekommen, natürlich im Anzug und nicht in einem Gewand. An vorderster Front schreitet freilich der Schutzheilige der Pilger und Patron der Stadtkirche einher, der auch auf dem Stadtwappen abgebildet ist. „Denn ohne mich wäre der Zug führungslos“, scherzt Peter Rossbrey, der den Heiligen „seit einer gefühlten Ewigkeit“ beim Festumzug verkörpert.
„Ich habe selbst keine kirchliche Bildung“, sagt der 52-Jährige, der bei der Stadt angestellt ist. Deshalb habe er sich zunächst Rat vom Pfarrer geholt: „Er hat mir über zwei Stunden vom Leben des Heiligen Jakobus erzählt, damit ich mich in die Rolle hineinversetzen und Fragen über ihn beantworten kann.“ Und dieses ausführliche Wissen teilt Rossbrey nun gerne mit anderen: „Jakobus war ein Bruder Jesus und einer der zwölf Apostel. Nach ihm ist der Jakobsweg benannt, der von Kiew bis zum Grab des Heiligen ins spanische Santiago de Compostela führt. Und dabei eben auch durch Mücheln verläuft.“
Auch was es mit der Muschel auf sich hat, die er um den Hals trägt und vielen als Zeichen des Pilgerweges bekannt sein dürfte, weiß der Müchelner zu berichten. „Sie ist das Symbol des Heiligen Jakobus und wurde von Pilgern zugleich als Messer, Trinkgefäß und Bettelbüchse genutzt“, erzählt Rossbrey, der die Muschelkette und die braune Mönchskutte voller Stolz trägt. Dabei handelt es sich jedoch nicht um die erste Ausführung. „In der alten Robe habe ich ausgesehen wie eine Presswurst, deshalb waren die Damen von der Stadt so freundlich, mir einen neuen Umhang maßzuschneidern“, spaßt Rossbrey. „Ich wurde schon öfters gefragt, ob ich darin nicht schwitze, aber es handelt sich um einen sehr bequemen und dünnen Stoff.“ Den Weg bis nach Santiago de Compostela kann er sich, trotz seines luftigen Gewands, dennoch nur schwerlich vorstellen. „Der Umzug durch die Stadt hat erst einmal gereicht“, erklärt Rossbrey augenzwinkernd. Für ihn ist der alljährliche Lauf an der Spitze des Müchelner Festumzugs inzwischen „eine erfreuliche Pflicht und Ehre geworden“.
Auch für Hartmut Stöck ist es eine große Ehre, eine besondere Person zu verkörpern, auch wenn diese historisch nicht bekannt ist. Er stellt einen Herold dar, der den Müchelnern eine frohe Kunde verkündet - die Verleihung des Stadtrechtes. Dazu wurde die Originalurkunde nachgemacht. Auf ihr zeigt er die Rechte, die dem Ort an der Geisel vor 666 Jahren zuteil wurden: „Eine eigene Gerichtsbarkeit, das Ausstellen eigener Dokumente und Prägen eigener Münzen.“ Stöck blickt auf und zögert kurz, um dann hinzuzufügen: „Und ganz wichtig: Das Brauen von Bier!“ Der Diplom-Soziologe schlüpft nicht nur gerne in historische Rollen, sondern auch in historische Gewänder, wie die Heroldstracht. „Sie stammt aus dem Fundus der Stadt, wo es Kostüme aus fast jeder Epoche gibt“, verkündet Stöck stolz.
(mz)

