Skilanglauf Skilanglauf: Talent fasziniert die Trainer
BAD DÜRRENBERG/MZ. - Als würde die weiße Pracht sie nicht loslassen wollen, begann es am späten Samstagnachmittag in Bad Dürrenberg zu schneien. Die elfjährige Skilangläuferin Jessica Löschke und ihre Mutter Sabine stiegen da gerade aus dem Auto. Sie kamen aus Oberwiesenthal nach Hause zurück, nach einem absolvierten zweitägigen Eignungsverfahren für die dortige Sportschule. Es war in Bad Dürrenberg nur ein kurzer Schneeschauer, danach kam die Sonne heraus und strahlte mit Jessica um die Wette. Das junge Mädchen, das einmal eine Skiläuferin in der Weltspitze werden will, ist überglücklich. "Es ist gut gelaufen", sagt Jessica.
Nachdem Familie Löschke Mitte Dezember letzten Jahres aus Oberhof die Nachricht bekam, dass ihre Tochter Jessica trotz ihrer überragenden Leistungen viel zu jung sei, um an den Bundesstützpunkt nach Oberhof zu wechseln, platzte ein Traum. Ab dem kommenden Schuljahr nehme man Sportler auf, die mindestens 15 Jahre sind, sagte Sabine Reuß, die Vorsitzende des Thüringer Skiverbandes und Vize-Präsidentin Leistungssport im Deutschen Skiverband damals auf Nachfrage. "In den Jahren, die Jessica noch warten soll, würde sie komplett den Anschluss an die Leistungsspitze verlieren", meinte Sabine Löschke daraufhin. Der Verein TSV Leuna, wo Jessica jetzt trainiert, habe - ohne Berge, ohne Schnee - überhaupt nicht die Möglichkeiten, Talente weiter zu fördern. Auch Sachsen-Anhalts-Ski-Präsident, Rüdiger Ganske, hoffte damals auf die Geduld der Eltern. Doch die war bei den Eltern und auch bei Jessica längst erschöpft.
Beim "Jugend-trainiert-für-Olympia"-Wettkampf im Januar in Oberwiesenthal, wo Jessica startete, kam die Familie mit der dortigen Stützpunkt-Trainerin Sandy Jüchert ins Gespräch. Es ging alles ganz schnell und Jessica erhielt Einladungen zu den Eignungstests.
Es waren nämlich zwei Tests, die die Elfjährige meistern musste: am Freitag den, um als Biathlon-Schülerin an der Sportschule aufgenommen zu werden, am Samstag den, um sich für Skilanglauf zu spezialisieren. Das habe es noch nie gegeben, dass jemand bei beiden Tests teilnimmt, habe die Schulleiterin gesagt, erzählte Mutter Sabine Löschke. "Ich konnte mich eben noch nicht entscheiden", meinte Jessica. Nach den Tests musste Jessica aber eine Wahl treffen: "Ich glaube, ich war bei beiden Tests gut, aber ich habe dann Langlauf gesagt", sagt Jessica und strahlt immer noch über beide Wangen. Der Biathlon-Test habe sich vom Langlauf-Test dabei unterschieden, dass mehr Kraft und Athletik gefragt war. "Zuerst kam der 30-Meter-Sprint", erzählt Jessica, "da war ich die Schnellste." Beim 3000-Meter-Lauf, der im strömenden Regen stattfand, sei sie ganz knapp Dritte geworden. Aber besonders von dem was sie auf den Skiern zeigte, habe die Trainer begeistert, erzählte Mutter Sabine mit leuchtenden Augen. Bei einem Geschicklichkeitsparcours legte sie nicht nur die schnellste Zeit hin, auch von ihrer Technik waren die Coaches fasziniert. "Vor allem auch, weil wir ja aus dem Flachland kommen und viel weniger trainieren können", sagte Sabine Löschke. Das i-Tüpfelchen setzte Jessica dann noch bei einer Turnübung. "Eigentlich gab es nur zehn Punkte", sagte die Elfjährige, "mir hat die Trainerin aber elf Punkte gegeben." Denn so eine Übung habe noch niemand bei einem Eignungstest in Oberwiesenthal hingelegt.
Jessicas Mutter Sabine sieht sich durch die Ergebnisse und Gespräche mit den Trainern bestätigt, dass es der absolut richtige Zeitpunkt sei, das Talent ihrer Tochter professionell fördern zu lassen. "In ein paar Jahren müsste Jessica dann sportlich und auch schulisch zu viel aufholen", sagte sie. Wenn die Aufnahme seitens der Schule bestätigt wird, werde Jessica ab dem kommenden Schuljahr, wenn sie in die 7. Klasse kommt, nach Oberwiesenthal wechseln. "Ich freue mich darauf", sagt Jessica; und dass dann die Familie weit weg ist, stört sie wenig. Denn auch bei Löschkes kennt man die neuen Medien. "Papa will mir dann Skype auf dem Computer einrichten", sagt die Elfjährige, damit die Tochter via Internet mit der Familie telefonieren und sie gleichzeitig auch sehen kann. Die neue Schule und das Internat hat sich Jessica schon angesehen. Es habe ihr dort gefallen. "Weil die Schule nicht weit von den Zimmern weg ist, können wir auch mit Hausschuhen zur Schule gehen", sagte Jesscia und lachte.
Etwa bis Ende April muss Familie Löschke nun noch ausharren. Bis dahin will die Sportschule eine Zu- oder Absage gegeben haben.