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Olympia 1972 Olympia 1972: Gimpel war beim Attentat im Hotel dabei

Von Anke Losack 04.09.2013, 17:33
Harald Gimpel mit seinem Einer-Kajak
Harald Gimpel mit seinem Einer-Kajak Peter Wölk Lizenz

Bad Dürrenberg/MZ - Harald Gimpel hat seine Tasche gepackt. Für ihn und seine Sportkameraden der DDR-Kanu-Nationalmannschaft ist es der Abreisetag von den Olympischen Spielen in München.

Plötzlich stürmt ein Betreuer aufgeregt in ihr Zimmer im fünften Stock eines Hochhauses im Münchner Olympiadorf. Die Sportler sollen bloß nicht auf den Balkon gehen, wird ihnen gesagt. Verwunderung. Denn zu diesem Zeitpunkt hatte sich noch nicht herumgesprochen, was wenige Meter von ihnen entfernt passiert. Acht bewaffnete Mitglieder einer palästinensischen Terrororganisation hatten am Morgen dieses 5. Septembers 1972 das Wohnquartier der israelischen Mannschaft gestürmt und elf Personen als Geiseln genommen. Bei dieser auch als Olympia-Attentat bezeichneten Geiselnahme, die in der Nacht auf dem Militärflugplatz Fürstenfeldbruck mit einer missglückten Befreiungsaktion blutig zu Ende ging, kamen insgesamt 17 Menschen ums Leben.

Der Bad Dürrenberger Harald Gimpel und seine Sportkameraden haben die Abreise aus dem Münchner Olympiadorf an diesem besagten 5. September noch geschafft. Obwohl die Ansage des Betreuers kam, dass niemand auf den Balkon gehen solle, sei einer so wagemutig gewesen, erzählt Harald Gimpel. „Von einem Flachbau unter uns streckte ihm einer der Attentäter eine Waffe entgegen“, berichtet Gimpel weiter.

Schnell wurde klar, man musste raus aus dem Gebäude, raus aus dem Olympiadorf, raus aus der Stadt. „Wir sind dann mit dem Fahrstuhl in die Tiefgarage gefahren, dort in den Bus gestiegen und ab zum Flughafen gefahren. Dort wurde dann scharf kontrolliert“, so der Bad Dürrenberger. Ihre Abreise verlief planmäßig. Von den Szenen, die sich an diesem Tag im olympischen Dorf und dann auf dem Flughafen abspielten, erfuhren sie erst nach ihrer Ankunft in Leipzig.

Neben diesen Erinnerungen an München 1972 ist bei Harald Gimpel aber natürlich auch die an die sportliche Leistung geblieben. Erinnerungsstücke sind davon sogar noch erhalten. Denn der Bad Dürrenberger gewann die Bronzemedaille im Kanuslalom.

Bei den Olympischen Spielen 1972 wurden erstmals olympische Wettbewerbe in dieser Sportart ausgetragen. Harald Gimpel, damals 20 Jahre, war beim Armeesportverein Leipzig aktiv und qualifizierte sich. „Das war etwas Großes für mich“, sagt er, „ich hatte vorher keine internationalen Erfolge und fuhr da ganz unbeschwert hin.“ Diese Unbeschwertheit zeigte er dann auch im Augsburger Eiskanal, wo für seine Disziplin die Wettkämpfe ausgetragen wurden. „Es war ein ganz knapper Ausgang“, sagt Harald Gimpel, der auf der Strecke viel Risiko gegangen war und eine viel bessere Zeit als der spätere Olympiasieger Siegbert Horn (DDR) und der Zweite Norbert Sattler (Österreich) hinlegte. „Allerdings hatte ich zwei Torberührungen, die beiden nur jeweils eine“, erzählt er.

Während es heute pro Berührung zwei Strafsekunden gibt, waren es damals zehn. „Das war entscheidend“, so Gimpel. Eine zweite Teilnahme an Olympischen Spielen blieb ihm verwehrt, da Kanuslalom bereits vier Jahre später wieder aus dem Programm genommen wurde. „Ich wäre aber qualifiziert gewesen“, so Gimpel. Erst 1992 fanden wieder olympische Wettkämpfe in seiner Sportart statt.

Vor ein paar Wochen konnte Harald Gimpel eine „offene Rechnung“ mit einem Olympiateilnehmer von 1972 begleichen. Bei den World Masters Games in Turin, einem weltweiten Sportfest für Seniorensportler, traf der Bad Dürrenberger im Wildwasserkanal erneut auf den Olympiazweiten, Norbert Sattler. Der Österreicher wurde wieder Zweiter, doch diesmal lag Gimpel nicht hinter, sondern vor ihm. Der Bad Dürrenberger gewann Gold - sein größter Erfolg nach dem Gewinn der Bronzemedaille bei den Olympischen Spielen 1972 in München.

Eine Medaille
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