Notarzt-Einsatz Notarzt-Einsatz im Saalekreis: Hilfe verweigert, weil angeblich Patient schon tot war?

Mücheln - Eine schwere Panne erschüttert das Rettungswesen im Saalekreis. Nach MZ-Informationen hat ein Notarzt in der vergangenen Woche einen Einsatz, zu dem er gerufen wurde, abgelehnt.
Angeblich, so soll er es aus der Ferne eingeschätzt haben, sei der Patient ohnehin tot gewesen, heißt es aus Kreisen des Rettungsdienstes. Unter den Mitarbeitern wird der Zwischenfall heiß diskutiert. So laut, dass Details dazu nun auch öffentlich wurden. Sowohl Kassenärztliche Vereinigung als auch Ärztekammer kündigten an, den Fall zu prüfen.
Notarzt muss nach Alarmierung ausrücken
Am Dienstag vergangener Woche geht ein Notruf eines Zeugen ein. An einer Landstraße im Grenzgebiet zum Burgenlandkreis hatte er kurz nach 5.30 Uhr eine grausige Entdeckung gemacht. Eine Person hing leblos an einem Baum. Er forderte Hilfe an. Über einen sogenannten Pager wurde umgehend der Notarzt, der noch bis 7 Uhr im Einsatz war, alarmiert und zum Einsatzort geschickt. Die Fahrt dorthin trat er jedoch nicht an - was nun Konsequenzen nach sich ziehen könnte.
Denn grundsätzlich gilt: Wird ein Notarzt per Pager alarmiert, ist er verpflichtet, sich nach der Alarmierung unverzüglich zum Notarzteinsatzfahrzeug zu begeben. Genauso ist es auch in den Verträgen der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) mit den Krankenhäusern und Notärzten festgeschrieben. Die KV koordiniert in Absprache mit den jeweiligen Landkreisen den Rettungsdienst. „Derzeit wissen wir noch nicht genau, was tatsächlich geschehen ist“, sagte ein KV-Sprecher der MZ. Um den Vorfall aufzuklären, habe man Unterlagen zu dem Einsatz, in denen alle Daten vom Inhalt des Notrufs über die Alarmierung bis hin zu den einsatztechnischen Daten enthalten sind, angefordert.
Hat Notarzt gegen seine Pflichten verstoßen?
Nach den Regelungen des Rettungsdienstgesetzes Sachsen-Anhalt ist der Notarzt bei Personen, die sich infolge einer Verletzung, Erkrankung oder aus sonstigen Gründen in Lebensgefahr befinden oder bei denen schwere gesundheitliche Schäden zu befürchten sind, zuständig, betont der Sprecher. Nur bei einer toten Person könnte auch ein Bereitschaftsarzt alarmiert werden, damit dieser den Tod offiziell bestätigt. Da der in die Kritik geratene Notarzt den Gesundheitszustand der aufgefundenen Person von Merseburg aus jedoch nicht zweifelsfrei beurteilen konnte, hat er womöglich gegen seine Pflichten verstoßen.
Der Ärztliche Leiter des Rettungsdienstes im Saalekreis betont auf MZ-Anfrage, dass noch nicht klar ist, ob der Notarzt den Einsatz verweigert hat oder es nur eine Kommunikationspanne gab. Da es sich um ein laufendes Verfahren handelt, verweist er für weitere Auskünfte auf die Pressestelle des Landkreises. Dieser wiederum will sich nicht näher zu dem Vorfall äußern, weil er lediglich den Rettungsdienst anfordernde Stelle sei.
Auch wenn es sich um ein laufendes Verfahren handelt, wurde die KV bereits tätig. „Da es sich um einen sehr sensiblen Dienst handelt, dessen Funktionieren gewährleistet sein muss“, wie der KV-Sprecher erklärt. So wurde der Notarzt mündlich und schriftlich über seine Pflichten zum sofortigen Ausrücken nach Alarmierung belehrt. Darüber hinaus müssen er und der Ärztliche Leiter des Rettungsdienstes zum Rapport.
Auch Bereitschaftsarzt brauchte lange
Was in dem konkreten Fall passiert, wird von der Ärztekammer beobachtet. Auch ihr liegen noch keine Angaben zum Fall vor. So wie es klingt, hätte der Notarzt jedoch rausfahren müssen, schätzte es Pressesprecher Tobias Brehme ein. „Man muss sehen, ob da eine Rüge oder eine Belehrung ausreicht“, sagte er.
Dass es bei dem Vorfall zu einer Panne gekommen sein muss, meinte er auch mit Blick auf den weiteren Verlauf des Einsatzes: Denn auch der Bereitschaftsarzt brauchte lange: Bis zum späten Vormittag mussten die Sanitäter nach MZ-Informationen neben der noch immer am Baum hängenden Person ausharren, bis ein Arzt eintraf. (mz)