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Lauchstädter Heilbrunnen Lauchstädter Heilbrunnen: Wurde die hohe Qualität zum Malus?

Von Robert Briest 11.11.2018, 07:00
Eine positive Wirkung wurde stets unterstellt.
Eine positive Wirkung wurde stets unterstellt. Repro: Peter Wölk/Archiv: Kiesel

Bad Lauchstädt - An Selbstbewusstsein mangelte es dem Lauchstädter Brunnen in der Vergangenheit wahrlich nicht. In seiner Werbung versprach der Wasserhändler, sein Produkt helfe gegen Rheumatismus, Gicht, Blutarmut, ja sogar gegen Bleichsucht, Frauenleiden und Nervosität. Ein Selbstbewusstsein, das wohl auch dem Titel Heilwasser geschuldet war. Seit 1922 hatte das Wasser den Status als Arzneimittel. Ein Label, dass erst Segen für den Brunnenversand war, am Ende jedoch zur Last wurde.

Eine heilsame Wirkung hatte bereits der hallesche Professor Friedrich Hoffmann dem Lauchstädter Nass mit seinem hohen Mineralgehalt schon 1704 bescheinigt und so den Weg für den Aufstieg des Dorfes zum Kurbad geebnet. Anfang des 20. Jahrhunderts ließ der Kurbetrieb allerdings nach. Ein gewisser Fritz Lauterbach gründete daher den Brunnenversand. „Er sagte: ’Wenn die Kurgäste nicht mehr nach Bad Lauchstädt kommen, füllen wir das Wasser eben ab’“, erzählt Harald Mirow, von 1996 bis 2009 Geschäftsführer des Heilbrunnens.

Lauchstädter Heilbrunnen: Nach dem Zweiten Weltkrieg beschränkte sich das Vertriebsgebiet im Wesentlichen auf die DDR

Sein Vorgänger Lauterbach hatte den richtigen Riecher. Das Geschäft florierte, wie zahlreiche Aufnahmen und Werbematerialien im Archiv des Lauchstädter Sammlers Hubertus Kiesel zeigen. Auf ihnen sind idyllische Restaurant- oder Familienszenen mit wohl platzierter Wasserflasche zu sehen oder Züge, die die Lauchstädter Ware ins Land hinausbrachten.

Nach dem Zweiten Weltkrieg beschränkte sich das Vertriebsgebiet allerdings im Wesentlichen auf die DDR. „1958 hieß es vom Staat, dass die HO-Geschäfte nur noch von volkseigenen Betrieben kaufen würden. Dadurch brach ein Großteil des Absatzes weg“, berichtet Mirow. Der Heilbrunnen, bis dahin im Besitz von Nachfahren Lauterbachs, sei dann VEB geworden.

Lauchstädter Heilbrunnen: Wasser behielt seine gute Reputation

Das Wasser behielt seine gute Reputation. Erhard Spengler, der in verschiedenen Positionen 25 Jahre beim Brunnenversand arbeitete, erinnert sich: „Ich habe früher Kisten Lauchstädter Wasser gegen Ersatzteile getauscht.“ Etwa sieben Millionen Flaschen hätten sie damals pro Jahr abgefüllt. „Das Wasser reichte nicht für mehr. Wir haben nur eine Schicht gemacht. Damit dafür genug da war, wurde das Wasser das Wochenende über in Tanks gesammelt“, berichtet der 93-Jährige.

Über den Absatz musste sich der Brunnenversand damals keine Sorgen machen. Die Flaschen waren Bückware, erklärt Mirow, dessen Verbindung zum Heilbrunnen erst mit der Wende begann. Mirows Familie, seinerzeit beim rheinland-pfälzischen Heilwasser Staatlich Fachingen involviert, kaufte da gemeinsam mit dem bisherigen Geschäftsführer und einem Getränkehersteller aus Baden-Württemberg das Werk von der Treuhand. „Und brachte es erstmal auf westdeutschen Standard“, erzählt der Geschäftsführer. So sei das Unternehmen mit Maschinen ausgestattet worden, die Schraubverschlussflaschen und Kunststoffkisten handhaben konnten.

Lauchstädter Heilbrunnen: „Der Betrieb entwickelte sich in den 1990er Jahren positiv.“

Bei diesen Neuerungen sollte es nicht bleiben. Ein zweiter Brunnen wurde gebohrt. Dessen Mineralwasser wurde unter dem Namen Schillerbrunnen verkauft. 1994 sei auch eine Neubohrung des Heilwasserbrunnens bis in 106 Meter Tiefe erfolgt, berichtet Mirow. „Der Betrieb entwickelte sich in den 1990er Jahren positiv.“ Etwa zwölf Millionen Flaschen Heilwasser seien abgefüllt worden. Mit dem Schillerbrunnen und Limonaden seien es insgesamt 40 Millionen gewesen. „Leistungsfähige Mineralwasser machen 100 bis 120 Millionen Füllungen pro Jahr“, ordnet der frühere Chef ein.

Die geringe Größe listet er als einen Grund für den folgenden Niedergang in den 2000ern auf. Andere Produzenten hätten deswegen die Übernahme abgelehnt, als der Brunnenversand in der Krise steckte. Als ein Knackpunkt in der Firmengeschichte sieht Mirow die Einführung des 25-Cent-Pfandes auf PET-Flaschen. Weil diese teilweise nicht zurück gegeben wurden, seien Gewinne bei den Händlern verblieben, die das Wassergeschäft auch für die Discounter interessant gemacht habe. Die hätten die 1,5 Liter für 18 Cent angeboten. „Die Preisreduzierung konnten wir nicht mitmachen.“ Durch den Heilwassertitel und die damit verbundenen Dokumentationspflichten sei die Produktion teurer.

Lauchstädter Heilbrunnen: 2011 gingen die Lichter beim Brunnenversand endgültig aus

Mirow nennt weitere Faktoren, die aus seiner Sicht zum Niedergang des Heilbrunnens geführt haben. Man habe Kredite für moderne Produktionsanlagen an der Dörstewitzer Straße nur teilweise bekommen, habe deshalb nicht so effizient produzieren können wie gewünscht. Vor allem aber habe sich der Markt verändert. Heilwasser seien allgemein nicht mehr so gefragt gewesen. Mirows verkauften schließlich 2009 an Investoren.

Doch 2011 gingen die Lichter beim Brunnenversand endgültig aus. Ideen, den Heilwasserbetrieb zu reanimieren, fruchteten nicht, auch Klinikpläne auf dem Gelände verliefen im Sande. Heute versucht die Stadt das Gelände von den aktuellen Inhabern, einer Klinikkette aus Baden-Württemberg, zu erstehen. Der Titel als Arzneimittel ist unterdessen verloren, erklärt Mirow, weil das Wasser schon drei Jahre nicht mehr abgefüllt worden sei. (mz)

Manch Leiden der Anfangszeit verschwand jedoch im Laufe der Jahre.
Manch Leiden der Anfangszeit verschwand jedoch im Laufe der Jahre.
Repro: Peter Wölk/Archiv: Kiesel
Lauterbach bot auch Bäder im Heilwasser an und führte Kundenbuch.
Lauterbach bot auch Bäder im Heilwasser an und führte Kundenbuch.
Repro: Peter Wölk/Archiv: Kiesel 
Lieber mal ein Heilwasser. Ob es auch gegen die Rauchschwaden half: unklar.
Lieber mal ein Heilwasser. Ob es auch gegen die Rauchschwaden half: unklar.
Repro: Peter Wölk/Archiv: Kiesel 
Die Flasche ist gut 100 Jahre alt.
Die Flasche ist gut 100 Jahre alt.
Repro: Peter Wölk/Archiv: Kiesel