Landarzt aus Löbejün Landarzt aus Löbejün: Sprechstunde im Schloss Ostrau

Ostrau/Landsberg - In Ostrau gibt es schon seit vielen Jahren keine Hausarztpraxis. Wer Hilfe von einem Mediziner benötigt, muss sie in umliegenden Orten suchen. Das soll nun der Vergangenheit angehören. Dr. Stephan Roth, der eine Praxis für Allgemeinmedizin in Löbejün betreibt, will künftig ein Mal pro Woche eine Sprechstunde in Ostrau halten. Dafür steht ihm in Absprache mit dem Ortschaftsrat ein Raum im Südflügel des Schlosses zur Verfügung. Zudem wurde der Foyerbereich dort in ein Wartezimmer verwandelt. Am Donnerstag empfing Stephan Roth die ersten Patienten.
„Es lief sehr entspannt und in netter Atmosphäre. Es war noch nicht viel los. Einige Ortsbewohner wollten auch einfach mal vorbeischauen und den neuen Arzt kennen lernen“, erzählt der Allgemeinmediziner. Auf die Idee, nicht nur in seiner Stammpraxis in Löbejün, sondern auch stundenweise in Ostrau eine Sprechstunde anzubieten, kam Roth durch seine Patienten. „Darunter sind etliche Ostrauer. Viele ältere Personen sind dabei, die nicht mehr so mobil sind.“ Sie könnten teilweise nicht mehr selbst mit dem Auto zum Arzt kommen, sondern seien auf die öffentlichen Verkehrsmittel angewiesen. Doch dadurch sind die Patienten an deren Fahrplan gebunden, was Auswirkungen auf die Termine beim Arzt hat. „Wenn die Patienten nicht zu mir in die Praxis kommen können, muss ich näher zu ihnen kommen“, dachte sich Roth.
In Absprache mit Ortsbürgermeister Georg Rosentreter und dem Ortschaftsrat des zur Gemeinde Petersberg gehörenden Dorfes Ostrau wurde eine unkomplizierte Lösung gefunden. „Wenn Bedarf besteht, möchte ich dauerhaft auch in Ostrau eine Basisdiagnostik anbieten, vielleicht dann zwei Mal die Woche“, stellt Roth in Aussicht. Dann werde er natürlich die jetzigen Räume im Schloss, die erstmal nur für die Testphase ausgesucht wurden, gegen andere Praxisräume tauschen.
Mit der Übernahme der Praxis in Löbejün hatte sich Roth 2014 einen Traum erfüllt. Der Facharzt für Allgemeinmedizin, der auch Anästhesist ist und zunächst als solcher auch tätig war, hat in den vergangenen beiden Jahren das Landarzt-Dasein ganz für sich entdeckt und würde auch nicht wieder tauschen.
Was sagen die Ostrauer?
Und was sagen die Ostrauer zur Sprechstunde in ihrem Schloss? „Wir finden, das ist eine tolle Sache für unseren Ort“, sagt Georg Rosentreter. Schließlich gebe es in Ostrau, wie überall, viele ältere Menschen. Schnell habe sich das neue Angebot herumgesprochen. Der Ortsbürgermeister habe viele positive Reaktionen dazu gehört. „Die Hoffnung, dass die Sprechstunde dauerhaft in Ostrau abgehalten wird, ist bei vielen sehr groß“, so Georg Rosentreter.
Die Probleme mit der ärztlichen Versorgung im Saalekreis kennen auch andere praktizierende Ärzte: Till Hartmann, der nur noch wenige Tage bis zu seinem Facharztexamen hat, ist in die Praxis von Dr. Sabine Bellmann in Landsberg eingestiegen. Der junge Mediziner hat sich in der Landsberger Hausarztpraxis anstellen lassen, so dass das Problem der Verschuldung beim Einrichten einer eigenen Praxis nicht auf ihn zugekommen ist.
Hartmann ist gern dort tätig und schätzt die Arbeit als Landarzt. „Ich weiß, dass der Ärztemangel auf dem Land in Sachsen-Anhalt und auch im Saalekreis groß ist“, sagt er. Es sei schwierig, das Praktizieren auf dem Land für junge Ärzte attraktiv zu machen, findet der Arzt.
Hartmann selbst wohnt mitten in Halle und findet die Symbiose, in der Stadt zu wohnen und im Umland zu arbeiten, hervorragend. Das gehe nicht überall im ländlichen Raum.
In diesem Zusammenhang verweist der 35-Jährige auf seinen ehemaligen Chef, den Allgemeinmediziner Thomas Dörrer aus dem Teutschenthaler Ortsteil Zscherben. Der habe immer gesagt: „Hausärzte gehören zur Grundversorgung in den Gemeinden, so wie auch Kindertagesstätten und Schulen.“ (mz)