1. MZ.de
  2. >
  3. Mitteldeutschland
  4. >
  5. Saalekreis
  6. >
  7. Harter Job, kaum Geld: Knochenharter Job: Schäfer in Schkopau bangen um ihre Zukunft

Harter Job, kaum Geld Knochenharter Job: Schäfer in Schkopau bangen um ihre Zukunft

Von Robert briest 21.07.2017, 13:51
Fachkräfte für Landschaftspflege: Die Schafe der Geschwister Klotz halten das Gras auf 105 Hektar kurz.
Fachkräfte für Landschaftspflege: Die Schafe der Geschwister Klotz halten das Gras auf 105 Hektar kurz. Marco Junghans

Oberthau - Schwalben fliegen im Sekundentag zu ihren Nestern im alten Gebälk des langgezogenen Stalls. Darunter ertönt ein vielstimmiges „Böh“ und „Mäh“. Das Kommunikationsbedürfnis der neugeborenen Lämmer ist groß. In kleinen Boxen liegen sie bei ihren Mutterschafen, die mutigeren springen auch schon mal über den Strohboden. Ein süßer Anblick, dem sich Ines und Steffen Klotz kurz hingeben.

Schäferei in Oberthau: 365 Arbeitstage im Jahr, kein Urlaub

Doch damit hat es sich mit dem Bauernhofidyll. Die Schäferei, die die Oberthauer Geschwister betreiben, ist ein Knochenjob. „Wir haben 365 Arbeitstage im Jahr, keinen Urlaub“, berichtet die Schwester. Ihr älterer Bruder ergänzt: „Bis auf das Getreide für das Kraftfutter machen wir alles selbst.“ In Handarbeit.

Denn für den Einsatz von Maschinen sind die alten Ställe, in denen vor allem die Jungtiere stehen, zu klein: „Bei uns geht noch alles mit der Schubkarre.“

Schäfer in Oberthau verdienen unter dem Mindestlohn

Finanziell lohnt sich der Aufwand allerdings nicht: Rechne man die Einkünfte auf die Arbeitszeit um, liege man unter dem Mindestlohn, sagt Ines Klotz. Geld verdienen sie und ihr Bruder klassisch vor allem mit dem Verkauf der Tiere - von 500 bis 600 Lämmern pro Jahr behalten sie etwa 100 - und dem Fleisch. Beides wird über einen Großbetrieb vermarktet.

Selbstvermarktung oder ein Bio-Label würden sich nicht lohnen, sagt der Schäfer. Das gilt auch für den Verkauf der Wolle. 1,10 Euro gibt es pro Kilo. „Viele wollen sie haben, aber keiner bezahlen.“

Schäfer in Oberthau setzen auf zweites wirtschaftliches Standbein

Die Schäfer sind deshalb auf ein weiteres Standbein angewiesen. Die Bewirtschaftung von Kulturflächen für den Natur- und Hochwasserschutz. 105 Hektar grasen Klotz’ Schafe in der Ermlitzer Umgebung ab. 15 davon sind Elsterdeich, wofür man vom Landesamt für Hochwasserschutz entlohnt wird. Das funktioniere. Mit der Bezahlung der übrigen 90 Hektar durch das Amt für Landwirtschaft, Flurneuordnung und Forsten (Alff) ist Ines Klotz hingegen unzufriedener. Die komme erst fünf Monate nach Jahresende und sei vor allem zu niedrig: „Sie müsste höher ausfallen, damit es sich lohnt.“

Schäfer in Oberthau: Übernimmt niemand den Hof zum Renteneintritt?

Auch auf eine auskömmliche Altersrente steuern beide eher nicht zu. Sie sind zwangsweise in der Landwirtschaftschaftlichen Alterskasse versichert. „234 Euro zahlen wir im Monat ein, am Ende bekommen wir aber nur 310 Euro raus.“ Das westdeutsche Modell geht davon aus, dass der Hof zum Renteneintritt verkauft wird und der Käufer seinen Vorgängern ein Altenteil zahlt. Nur, gibt Klotz zu bedenken, lasse sich dafür mit der Schafzucht nicht genug Geld erwirtschaften.

Vor allem aber dürfte es sehr schwer werden, einen Käufer zu finden. Die Branche hat große Nachwuchssorgen: „Wir sind jetzt 50 und 48 und damit die Jüngsten im Schäferverein Geiseltal. Es kommt auch keiner nach“, erzählt Steffen, und seine Schwester Ines Klotz ergänzt: Man könne ja auch niemandem empfehlen, Schäfer zu werden.

Geschäftsführer des Landesschafzuchtverein ssieht die Situation nicht ganz so düster

Hans-Jörg Rösler, Geschäftsführer des Landesschafzuchtvereins, hält den Grundtenor für richtig, sieht die Situation aber nicht ganz so düster. Es sei immer noch ein schöner Beruf. Das Berufsbild habe sich aber gewandelt. „Heute geht es vor allem um die Naturlandschaftspflege. Wir haben eine Sieben-Tage-Arbeitswoche, unregelmäßige Arbeitszeiten, das passt nicht mehr in die heutige Gesellschaft.“ Hinzu kämen viel Bürokratie, wenig Anerkennung und zuletzt auch die Sorgen mit dem Wolf.

Dennoch gebe es an der Schäferschule in Halle noch immer junge Leute, die den Beruf erlernen: Kinder von Schäfern, Jugendliche mit schlechten Noten, aber mit viel Naturliebe, Idealisten, zählt Rösler auf: „Aber der Bedarf, den wir für die Pflege der Kulturlandschaften mit Schafen haben, wird nicht gedeckt.“

Schäfer in Oberthau: „Wenn einer gesundheitlich ausfällt, ist Schluss.“

Auch der Geschäftsführer sieht daher den Bedarf, die Gelder, die es für die Flächenbewirtschaftung gibt, zu erhöhen. Er zitiert eine Studie, die die realen Kosten für die Pflege auf 900 Euro pro Hektar und Jahr beziffert hat, aktuell erhalten die Schäfer aus diversen Töpfen für einen Hektar Deich etwa 500 Euro.

Die Geschwister Klotz möchten ihren Job trotz der Schwierigkeiten nicht aufgeben. „Wir wollen das bis zur Rente machen“, sagt Ines Klotz und fügt ein Aber an: „Wenn einer gesundheitlich ausfällt, ist Schluss.“ (mz)