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Infra Leuna fördert gesunde Arbeiter Infra Leuna fördert gesunde Arbeiter: Psychische Belastungen rücken bundesweit ins Blickfeld

Von Melain van alst 29.04.2017, 13:00
Frank Lichtenfeld von der Werkfeuerwehr wird beim Belastungstest im medizinischen Stützpunkt der Infra Leuna von Petra Statz begleitet.
Frank Lichtenfeld von der Werkfeuerwehr wird beim Belastungstest im medizinischen Stützpunkt der Infra Leuna von Petra Statz begleitet. Peter Wölk

Leuna - Richtig umgesetzter Arbeitsschutz kann die Produktivität eines Unternehmens steigern - eine Erkenntnis, die offenbar nur selten als Argument für den Arbeitsschutz zieht. Bußgelder scheinen immer noch ein wirkungsvolleres Mittel zu.

Dies belegt eine Statistik, die Bernhard Räbel, Präsident des Landesamtes für Verbraucherschutz Sachsen-Anhalt, im Besucherzentrum der Infra Leuna präsentiert. Anlässlich des am Freitag stattfindenden Welttages für Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz hat die Betreibergesellschaft des Chemiestandortes in Leuna zu einer Veranstaltung eingeladen, die sich rund um das Thema Arbeitsschutz dreht.

Sorgen um Bußgelder muss sich die Gesellschaft nicht machen. Ein 12-köpfiges Gesundheitsteam hat sich dem Thema Arbeitsschutz und Prävention verschrieben und über Jahre Angebote verknüpft, weiterentwickelt oder neu aufgelegt. Seit 2010 ist das Team aktiv und bietet Hautkrebsscreening, Schutzimpfungen oder auch Präventivsport an. „Es geht darum, den Mitarbeitern die Möglichkeit zu geben, sich etwas auszusuchen“, so Michael Hartung, Bereichsleiter Sicherheit, Qualität und Umweltschutz bei der Infra Leuna. Hartung ist durchaus bewusst, dass er nicht alle Mitarbeiter mit dem Angebot erreichen kann.

Viele Krankheitstage verursachen auch hohe Kosten für das Unternehmen

Dennoch müsse man reagieren. Die Belegschaft wird immer älter und ist teilweise einseitiger Arbeitsbelastung ausgesetzt. Darüber hinaus bedeuten Krankheitstage auch hohe Kosten für das Unternehmen. „Unser Ziel ist es, die Gesundheitsquote zu steigern oder zumindest stabil zu halten“, so Hartung. Daher solle die Schwelle niedrig gehalten werden, so dass beispielsweise Gesundheitstest auf dem Betriebsgelände absolviert werden können, während der Arbeitszeit.

Auch die Total Raffinerie beschäftigt sich intensiv mit dem Thema Sicherheit und Arbeitsschutz. „Seit 215 Tagen sind wir ohne Unfall“, erklärt Hardy Schramm aus dem Bereich Sicherheit. Noch immer hat auch die Raffinerie zwei bis drei Unfälle im Jahr zu verzeichnen, meist handelt es sich jedoch um Stürze oder Stolpern.

In diesem Jahr, anlässlich des Welttages für Sicherheit, hat die Raffinerie das Thema Arbeiten in der Höhe aufgegriffen und auch eine spezielle Kampagne zu dem Thema gestartet. „Es ist eine potenzielle Gefahrenquelle, weil Dinge herunterfallen können“, so Schramm.

Insgesamt sind auf dem gesamten Chemiestandort in Leuna 9.000 Menschen in 125 Firmen beschäftigt, davon über 680 bei der Betreibergesellschaft Infra Leuna. Das Thema Sicherheit am Arbeitsplatz wird bei der Infra Leuna durch das Gesundheitsteam abgesichert. Für Sicherheit auf dem 1.300 Hektar großen Chemieparkgelände sorgt darüber hinaus die Werkfeuerwehr mit ihren 13 Einsatzfahrzeugen, die bei entsprechenden Notfällen ausrückt.

Doch das Gesundheitsmanagement hat auch seine Grenzen, wie Infra Leuna-Geschäftsführer Christof Günther in der Diskussion verdeutlicht: „Es gibt Dinge, die wir nicht beeinflussen können und die zum Ausfall von Mitarbeitern führen.“ Die Quote ist daher als Parameter, um den Erfolg des präventiven Arbeitsschutzes zu messen, nur bedingt hilfreich.

Ein weiteres großes Feld des Arbeitsschutzes ist psychische Belastung. Ein Thema, das an Bedeutung gewinnt und gleichzeitig nur schwer zu greifen ist. Da es sich um individuelles Empfinden handele. „Lange Zeit wurde das gar nicht als Gefährdung betrachtet“, sagt Gabriele Theren, Abteilungsleiterin für Soziales und Arbeitsschutz im Sozialministerium Sachsen-Anhalt.

Jedes zweite Unternehmen hat laut einer Infratest-Betriebsbefragung aus dem Jahr 2012 auch gar keine Gefährdungsbeurteilung für psychische Belastungen. „Erst 2013 wurde die Pflicht dazu im Arbeitsschutzgesetz verankert“, so Theren. Ausfalltage, die dadurch entstünden, seien das eine, das andere Thema seien Frühverrentungen. Die Bundes-Psychotherapeutenkammer hat ermittelt, dass 75.000 Menschen 2012 wegen psychischer Störungen erwerbsunfähig wurden und das mit einem durchschnittlichen Alter von 49 Jahren. Das mache 42 Prozent aller Frühverrentungen bundesweit aus. Manchmal, so zeigt sich in der Diskussion, seien es kleine Veränderungen, die die psychische Belastung am Arbeitsplatz senken können. (mz)