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Coronaproteste im Saalekreis Höcke, Pathos und Teilnehmerrekord in Querfurt

Der Thüringer AfD-Landeschef beschert Protest an der Querne Zuwachs. In Merseburg finden sich dagegen weniger Menschen zum „Spaziergang“ gegen die Impfpflicht ein.

Von Robert Briest 04.02.2022, 22:49
Björn Höcke erwies sich für die AfD als Zugpferd.
Björn Höcke erwies sich für die AfD als Zugpferd. Briest

Querfurt/Merseburg/MZ - Mit einer Extraportion Pathos hat die Saalekreis-AfD am Freitag ihren prominenten Gast aus Thüringen begrüßt. Als „Säule des Widerstandes gegen eine Politik, die uns quält“, stellt Kreischef Hans-Thomas Tillschneider auf dem Querfurter Marktplatz seinen Parteifreund Björn Höcke vor. Die Kritiker der gegenwärtigen Coronapolitik und einer Impfpflicht empfingen ihn mit euphorischen Applaus. Es waren mehr gekommen als in den Vorwochen. Wie viele, da gingen die Zählungen weit auseinander. Die Polizei sprach von etwa 650, die MZ zählte 800 bis 850. Tillschneider vermeldete gar 1.450.

Tillschneider droht mit Demo

Für die AfD durfte es am Freitagabend ruhig etwas mehr sein. Das galt nicht nur beim Polizeiaufgebot, das die gut ein Dutzend Gegendemonstranten am Markt abschirmte, sondern auch für die Inszenierung. Angeführt vom Querfurter Stadtrat Rick Heinze liefen dem Zug durch die Innenstadt Fackelträger voraus. Trommeln gaben den Takt vor, stetig unterbrochen von Sprechchören.

Am lautesten hallte der Ruf nach „Widerstand“ durch die Straßen. Eine oft gehörte Vokabel auf den Demonstration der vergangenen Woche. Eine andere lautet „Freiheit“. Die bemühte auch Gastredner Höcke in seinem Beitrag, in dem er die Pandemie als politisch inszeniert darstellte. Sie sei herbeigetestet worden. Strategisches Ziel dahinter, sei eine „digitale Diktatur“ aufzubauen. Nur wer gefolgsam sei, könne irgendwann noch reisen, noch arbeiten. „Wir sind freie Staatsbürger und wir wollen freie Staatsbürger bleiben“, rief Höcke: „Unser Auftrag ist den Kampf weiter zu kämpfen.“ Die Pandemie sei vorbei, wenn die Bürger es wöllten.

Mehr Demonstranten als in den Vorwochen kamen nach Querfurt, um Höcke zu hören.
Mehr Demonstranten als in den Vorwochen kamen nach Querfurt, um Höcke zu hören.
Briest

Am offenen Mikrofon beklagte die Querfurter Ladeninhaberin Jana Förster anschließend die 2G-Beschränkungen für den Handel. „Mir reicht es nach zwei Jahren langsam. Wir müssen unsere Geschäfte wieder aufmachen, sonst gehen wir hier in Querfurt unter.“

Organisator Tillschneider ging noch mal auf den Bürgerantrag ein, für den seine Partei seit Wochen Unterschriften sammelt. Dieser sieht vor, dass der Landrat die ab Mitte März geltende einrichtungsbezogen Impfpflicht nicht durchsetzen soll. Das Landesverwaltungsamt hatte den Antrag kürzlich für nicht zulässig erklärt, weil der Adressat, der Kreistag für das Thema Impfpflicht nicht zuständig sei. Tillschneider sieht das anders. Zumindest über die Aufforderung an den Landrat sich gegen eine Impfpflicht einzusetzen, könne der Kreistag entscheiden. Für den Fall, dass das Gremium das Thema nicht auf die Tagesordnung seiner nächsten Sitzung im März nehme, kündigte der AfD-Kreischef eine Demo vor dem Sitzungsort, dem Ständehaus, an. „Dann tragen wir die Listen in den Kreistag.“

Applaus für Angela Merkel

Über 250 Demonstranten zogen am Nachmittag durch Merseburg.
Über 250 Demonstranten zogen am Nachmittag durch Merseburg.
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In der Kreisstadt gab es am Freitagnachmittag ebenfalls Protest – wenn auch leiseren. Kritiker einer Impfpflicht hatten sich in der Nähe des Klinikums versammelt und spendeten dort sogar Angela Merkel Applaus, allerdings ironisch. Die Organisatoren spielten einen Tonmitschnitt der CDU-Kanzlerin a. D. ab, der wohl aus einer Rede zum 75. Jahrestag des gescheiterten Stauffenberg-Attentats auf Hitler stammte. Merkel sagte damals, dass es Momente gebe, in denen Ungehorsam zur Pflicht werde, in denen der einzelne die moralische Pflicht habe, sich zu widersetzen. Dann verwies sie auf Artikel 20 des Grundgesetzes, der das Widerstandsrecht verbrieft gegen jeden, der die Verfassungsordnung abschaffen will, sofern keine andere Abhilfe möglich ist.

Einspieler und Applaus folgte ein Redebeitrag eines Naumburger Anwalts, der sich an der einrichtungsbezogenen Impfpflicht abarbeitete. Er könne nicht erkennen, dass diese in verhältnismäßigem Maße dem Schutz der Bevölkerung diene. Anschließend zogen die über 250 Demonstranten durch Merseburg. Damit hat sich die Teilnehmerzahl im Vergleich zur ersten von Ärztin Ines Münch vor zwei Wochen organisierten Freitagsdemo halbiert.