"Hier hat es so gut wie immer geschmeckt" "Hier hat es so gut wie immer geschmeckt": So wurde in der alten LPG gegessen

Teutschenthal - Wer in Teutschenthal auf dem Schafberg dem Hinweis am riesigen Bücherturm folgt und vor dem hübschen weißen Bau steht, kann dort in großen Lettern das Wort „BÜCHEREI“ lesen. Nichts erinnert daran, dass hier nicht immer die Ortsbibliothek zu finden war, die durch ihr traditionelles Büchereifest weit über die Gemeindegrenzen bekannt ist. Die Eingangstür zur Bücherei war vor mehr als 30 Jahren Anlieferungszone.
Zu DDR-Zeiten oft in der Kantine der LPG essen
Dahinter, auf der linken Seite, wo heute die gut bestückten Bücherregale stehen, befanden sich vier große Kühlzellen. Auf der anderen Seite des Raumes war die Großküche der LPG (Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft). Dort wurde für gut 1.000 Menschen täglich das Mittagessen zubereitet. Zum einen wurden die Arbeiter der LPG versorgt, zum anderen auch die Schule, der Kindergarten und die Rentnertreffs.
„Es gab in der Kantine zwei, drei Gerichte zur Wahl und einen Essensplan, auf dem man zuvor ankreuzen musste, welches Essen man haben wollte“, erinnert sich Dagmar Sonnenkalb. Die Bibliothekarin, die gern darauf verweist, dass es in Teutschenthal schon seit über 130 Jahren die Tradition des Bücherausleihens gibt, war zu DDR-Zeiten oft in der Kantine der LPG essen. „Damals war ich eigentlich sehr mäkelig. Aber hier hat es so gut wie immer geschmeckt“, erinnert sie sich.
Hausmannskost in der LPG: Nudeln mit Gulasch, Schnitzel, Bratkartoffeln
Hannelore Zimmermann, die heute gern in die Bücherei kommt und dort Mitglied des Fördervereins ist, ist eine Zeitzeugin. Sie hat drei Jahre in der Großküche gearbeitet. Danach war sie 18 Jahre lang in der Kantine und dort die Chefin an der Theke, wo die Arbeiter Getränke bekommen konnten. Unter drei Küchenchefs habe sie gearbeitet, Hermann Einführ, Werner Anton und Martin Lucas, erzählt sie.
An die Arbeit in der Küche erinnert sich die heute 80-Jährige noch sehr gut: „Wir haben hier ganz normale deutsche Hausmannskost gekocht: Nudeln mit Gulasch, Schnitzel, Bratkartoffeln und so weiter“, erzählt sie. Gemeinsam mit ihrer Kollegin Heidi Born habe sie für die Arbeiter gekocht, zwei weitere Kolleginnen hätten für die Schulküche das Essen zubereitet. Die Speisen wurden dann nicht nur in der Kantine ausgegeben.
Neben der Küche der LPG gab es ein Schlachthaus
„Die Leute auf dem Acker wurden auch von uns versorgt. Da gab es aber immer nur ein Gericht. Das Gekochte kam in Dreifach-Essenskübel. Pünktlich 11 Uhr wurde geladen und das Ganze auf die Äcker gekarrt“, blickt Hannelore Zimmermann zurück. Die Arbeiter dort hätten direkt auf den Feldern Mittagspause gemacht und vor Ort ihr Mittagessen eingenommen.
Direkt neben der Küche gab es einst sogar für deren Versorgung ein Schlachthaus. Davon sind heute nur noch die Fundamente zurückgeblieben. Durch einen Gang kann man immer noch bis zum großen Saal des Gemeindezentrums gehen, in dem bis zu 600 Mann Platz finden. Der ganze Gebäudekomplex sei übrigens einst ein Schwarzbau gewesen. Ursprünglich war das Areal nämlich für einen Rinder-Offenstall vorgesehen gewesen.
„Es war eigentlich jede Woche hier was los“
„Die Theke sah aber früher anders aus. Und dort war die Essensausgabe“, sagt Hannelore Zimmermann und öffnet sogleich eine Tür zu einem kleinen Raum auf der rechten Seite. „Hier war mal mein Handlager für die Theke. Dort standen die Gläser und da waren Getränke gelagert, der Schnaps vor allem“, beschreibt sie. Auch Schnaps sei ausgeschenkt worden, allerdings nicht in der normalen Arbeitszeit. „Aber wenn die aus der Küche mal Lust auf einen Schnaps hatten, gingen sie auch mal ins Handlager“, so Hannelore Zimmermann, die sehr gern an der Theke gestanden hat.
Sie kann sich auch an viele Feiern, Theateraufführungen, Operettenabende und Konzerte im Saal erinnern. „Es war eigentlich jede Woche hier was los“, sagt die einstige Theken-Chefin. Auch Staatsbesuche habe es in Teutschenthal gegeben. „Einmal war sogar ein chinesischer Staatsmann da. Überall standen welche von der Stasi herum“, erinnert sich Hannelore Zimmermann. Die Küche und Kantine der LPG haben bis kurz nach der Wende bestanden. (mz)


